Martial Jardel – Kämpfer in der französischen «Gesundheitswüste»
Mittlerweile gelten fast 90 Prozent Frankreichs als medizinisch unterversorgt – als sogenannte «déserts médicaux». Die Folge für Patientinnen und Patienten sind lange Anfahrtswege und wochenlanges Warten auf einen Termin.
Während die Politik in Frankreich die Not erkannt hat, aber noch immer Gesetzesentwürfe debattiert, hat der Arzt Martial Jardel gehandelt – mit seinem Projekt Médecins Solidaires. Anfang Jahr hat er im kleinen Dorf Mas-d'Agenais am Fluss Garonne die achte Praxis eröffnet.
Die Ungleichheit bei der medizinischen Versorgung ist für Bevölkerung ein grosses Pech.
Im Gesundheitszentrum, wo unter anderem auch ein Physiotherapeut und eine Psychologin arbeiten, bietet nun jede Woche ein anderer Allgemeinarzt oder -ärztin Sprechstunden an. So auch Cathérine Tilly. Die 69-Jährige ist aus dem Nordwesten Frankreichs angereist und erzählt in einer kurzen Pause, dass sie eigentlich schon pensioniert ist.

Catherine Tilly engagiert sich seit über einem Jahr im Projekt. Es ist ihr erstes Mal in der Praxis in Mas-d'Agenais, davor war sie bereits an anderen Standorten. So könne sie dort helfen, wo sie gebraucht werde, findet die Ärztin: «Die Ungleichheit bei der medizinischen Versorgung ist für Bevölkerung ein grosses Pech. Das Projekt ist eine Lösung für Orte, wo es schon lange keine Ärzte mehr gibt.»
In Mas-d'Agenais – wie in vielen ländlichen Gegenden Frankreichs – war genau dies der Fall. Die 1500-Seelen-Gemeinde fand während 4 Jahren keinen Ersatz für den pensionierten Dorfarzt. auch wenn die Region ein Paradies für Naturliebhaber ist.
Auch umliegende Dörfer profitieren
Eine komplizierte Situation, erinnert sich Pascale Villemur. Die Pflegerin und Gemeinderätin hat auch ein Büro im Gesundheitszentrum: «Das Altersheim und die Einwohnerinnen hatten keinen Arzt mehr. Alle mussten mindestens 15 Kilometer zum nächsten Arzt fahren. Ein unglaublicher Mangel.»

Entsprechend gross war die Erleichterung, als im Februar die Médecins Solidaires anfingen. Über 800 Behandlungen wurden bereits durchgeführt – auch für Menschen aus umliegenden Dörfern.
Stetiger Wechsel: kein Problem
Zum Beispiel ein älterer Mann, der auf Dr. Tilly wartet. Er ist angeschlagen und froh, aufgenommen zu werden. Dass Ärztinnen und Ärzte sich wochenweise abwechseln, stört ihn nicht. Die Betreuung bleibe dank der gespeicherten Patientenakte konstant und zudem sorgten die zwei Praxisassistentinnen für Kontinuität.
Eine davon ist Lucie, die bestätigt, dass Patientinnen und Patienten auch die Vorteile solcher wöchentlicher Wechsel sehen: «Dank den verschiedenen Sichtweisen ergibt sich ein ziemlich vollständiges Bild. Viele sind beruhigt, mehrere Meinungen zu hören.»
Ich nenne dies ‹Wirtschaft der Beteiligung›: Anstatt von wenigen viel zu verlangen, verlangen wir wenig von vielen.
In einem Pariser Café erklärt der junge Landarzt Martial Jardel das Prinzip seines Projekts, mit dem er Zugang zum Gesundheitssystem in Frankreich verbessern möchte. «Ich nenne das ‹Wirtschaft der Beteiligung›: Anstatt von wenigen viel zu verlangen, verlangen wir wenig von vielen», erklärt er und ergänzt: «Wir kommen für eine Woche in ein Dorf. Das kostet wenig, aber rettet das Leben von vielen.»

Doch das Projekt ist kein Selbstläufer. Jardel muss genügend Ärzte finden, die eine Woche im Jahr an einem abgelegenen Ort für weniger Lohn arbeiten. Für die 8 Praxen habe er mit rund 700 Freiwilligen genügend – doch er will weitere eröffnen, denn die Nachfrage sei riesig.
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