Im Jahr 2026 wird der Regelsatz im Bürgergeld aller Voraussicht nach zum zweiten Mal in Folge nicht erhöht. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), die WELT AM SONNTAG exklusiv vorliegt. Zuvor sei der Regelsatz in Anbetracht hoher Inflation zu stark angehoben wurde, sagt die Studienautorin Stefanie Seele.

„Die Reform des Anpassungsmechanismus im Bürgergeld-Gesetz von 2023 zielte auf Inflationsschutz für Transferempfänger, denen oft finanzielle Puffer fehlen. Diese Methode koppelt die Regelsatzanpassung gleich zweifach an die Preisentwicklung aus dem Vorjahr, was kurzfristige Preisschübe nur verzögert abbildet und auch keine Inflationserwartungen berücksichtigt“, so Seele. Für das Jahr 2023 sei die Preisentwicklung deshalb unterschätzt worden.

„2024 hingegen führte der Mechanismus zu einem überproportionalen Anstieg im Vergleich zu sich verlangsamenden Preisentwicklung“, sagt Seele. Dass die Höhe des Bürgergeldes aktuell theoretisch zu hoch ist, bestätigte auch eine Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus dem letzten Jahr.

„Eine weitere Nullrunde oder sogar Kürzungen des viel zu niedrigen Regelsatzes gehen völlig an der Realität der Menschen im Bürgergeld vorbei“, sagte Timon Dzienus (Grüne), Obmann im Ausschuss für Arbeit und Soziales. „Der Regelsatz ist kein politischer Spielball, sondern legt fest, welche Grundbedürfnisse allen Menschen zustehen sollten“, sagt Dagmar Schmidt, Vizechefin der SPD-Fraktion. Man werde nun die offiziellen Berechnungen und Auswirkungen möglicher Anpassungen abwarten. „Eine weitere Nullrunde ist nicht hinnehmbar“, findet Verena Bentele, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK. Der Regelsatz ist grundsätzlich zu gering bemessen.

Forscherin Seele hingegen sagt, dass die neue Berechnung verhindern würde, dass die Höhe des Bürgergeldes jedes Jahr auf Neue zum Zankapfel wird. Der Fortschreibungsmechanismus müsste künftig neu geregelt werden, um die Reaktionszeit auf die Preisentwicklung zu verkürzen, so der Vorschlag des IW.

„Zum Beispiel könnte der Durchschnitt von Prognosen des Verbraucherpreisindex für das nachfolgende Jahr verwendet werden, sobald die Inflationsrate mit mehr als drei Prozent deutlich über der Zielmarke der Europäischen Zentralbank liegt“, sagt Seele. So würde die Anpassung zeitnah auf aktuelle Preisentwicklungen reagieren und in kleineren Schritten erfolgen, dafür jedoch regelmäßig. „Eine übermäßige Anpassung wie 2024 mit darauffolgenden Nullrunden würde vermieden“, so die Forscherin.

Jan Klauth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Arbeitsmarkt-Themen, Bürgergeld, Migration und Sozialpolitik sowie Karriere-Themen.

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