Mailänder Bauskandal erfasst die Stadtregierung
In Mailand sorgt ein Immobilienskandal für Schlagzeilen. Diese Woche durchsuchte die Polizei die Büros von Baukonzernen und der städtischen Verwaltung. Sie stellte dabei Tausende Dokumente sicher. Laut der Staatsanwaltschaft geht es um systematische Verstösse gegen Bauvorschriften und sogar um Korruption.
Mailands boomende Baubranche und die Stadtbehörden stehen schon seit einiger Zeit im Visier der Justiz. Jetzt aber wird erstmals gegen den Mailänder Stadtpräsidenten Beppe Sala ermittelt. Das wurde am Donnerstag publik. Auch gegen ein weiteres Mitglied der Stadtregierung und einen Stararchitekten laufen Ermittlungen.

Noch ist nichts bewiesen. Doch was nun schon seit Monaten aus Justizakten durchsickert, ergibt ein düsteres Sittenbild. Erhärtet sich der Verdacht, dann hätten in Mailand grosse Baufirmen systematisch Druck auf die Behörden ausgeübt, damit sie grosse Bauprojekte durchwinken – auch wenn nicht alle Bauvorschriften erfüllt werden. Dabei sollen die Baukonzerne einzelne Beamte begünstigt haben. Die Staatsanwaltschaft vermutet darum Korruption.
Ein Skandal zur Unzeit
Zu den Beschuldigten gehört der Mailänder Grossunternehmer Manfredi Catella, den italienische Medien als «re del mattone», als «König der Backsteine», bezeichnen. Catellas Konzern hat in den letzten Jahren zahlreiche Grossbauten realisiert und so die Skyline Mailands ganz wesentlich geprägt. Zuletzt liess er auf einem stillgelegten Güterbahnhof südlich des Stadtzentrums in Rekordzeit das Olympische Dorf aus dem Boden stampfen. Auch hier soll es, so vermutet die Justiz, zu Unregelmässigkeiten gekommen sein.

Ermittelt wird erneut auch gegen Stefano Boeri, also gegen jenen Stararchitekten, der den berühmten Bosco Verticale, zwei mit Bäumen und Büschen überwachsene Hochhäuser, entwarf.
Im nächsten Februar eröffnet Mailand die Olympischen Winterspiele. Ein Skandal, bei dem der Bau des Olympischen Dorfs im Fokus steht, käme zur absoluten Unzeit. In der Boom-Stadt Mailand herrscht zudem akute Wohnungsnot. Auch die Mittelschicht hat Mühe damit, die hohen Mieten zu bezahlen. Es bräuchte dringend mehr und erschwinglichen Wohnraum. Doch wegen der seit Monaten laufenden Ermittlungen sind diverse grosse Bauprojekte blockiert, Baustellen abgesperrt.
Rücktrittsforderung an den Stadtpräsidenten
Und nun erreicht der Skandal die sozialdemokratische Regierung unter Stadtpräsident Sala. Ein Teil der Oppositionsparteien fordert dessen Rücktritt. Noch weiss man nicht, wie schwer die Korruptionsvorwürfe wirklich wiegen. Doch eines kann man schon heute sagen: Bauen ist kompliziert, im Dickicht der italienischen Bürokratie bleiben viele Bauprojekte hängen. Darum versuchen Bauherren immer wieder, die Verfahren zu beschleunigen. Es stellt sich die Frage, ob dies immer auf legalem Weg geschieht.
Im römischen Parlament liegt seit einiger Zeit ein Gesetzesentwurf, der das Bauen im urbanen Umfeld vereinfachen soll. Dummerweise haben sich auch Leute dafür starkgemacht, die nun zu den Beschuldigten gehören. Sie haben diesem Gesetz damit einen Bärendienst erwiesen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke