Schweizerisch-georgischer Musiker im Visier des Regimes
Vergangene Woche posteten zwei regierungsnahe georgische Influencer kurz nacheinander auf Facebook: «DJ Kordz. Für dich beginnt der Herbst», schrieb der eine. Der andere: «Dieser DJ Kordz wird kriegen, was er verdient.» Letzter ist ein ehemaliger Lokalabgeordneter der Regierungspartei «Georgischer Traum».
Ihre Worte galten Alexandre Kordzaia, der unter dem Namen Kordz vielfältige elektronische Musik produziert. Kordzaia, der in Tiflis geboren wurde und heute dort lebt, ist in Winterthur aufgewachsen.
Die Drohungen seien nicht überraschend gekommen, erklärt er in einem Café in Zürich.
Auf offener Strasse verprügelt
Am 7. Juli sei ein Musikerkollege auf offener Strasse in Tiflis verprügelt worden – nachdem er online von Anhängern des «Georgischen Traums» bedroht worden war. «Als nächster sei ich dran, war dann die Ansage.»
Und tatsächlich: Als Kordzaia am Tag darauf in Tiflis seine Grosstante besuchte, warteten vier stämmige Männer vor dem Hauseingang. «Ich habe mich umgedreht und bin fortgerannt», erzählt der junge Mann.

Er habe in einem kleinen Laden Zuflucht gefunden, die Betreiber hätten die Türe abgesperrt. Seine Verfolger liessen sich nicht mehr blicken. Kordzaia hatte sie offenbar abgehängt.
Seit Beginn der politischen Krise in Georgien im Sommer 2024 sind zahlreiche Regierungskritiker auf offener Strasse verprügelt worden, oft nach Hetze aus Regierungskreisen. Bislang wurde kein einziger Täter belangt.
Eine Hymne gegen das Regime
Dass Kordz ins Visier der Schläger geriet, hat mit einem Lied zu tun: Es ist ein vulgärer Sprechgesang, der sich gegen die Regierung richtet, und den der Musiker zu einem Clubtrack verarbeitet hat. Die Version wurde bald in ganz Georgien gespielt.
Seither wird gegen Kordzaia gedroht, auch im Staatsfernsehen. Sogar der Parlamentspräsident schaltete sich ein, um den Musiker einen «Faschisten» zu nennen. Das gehe jetzt seit einem halben Jahr so, sagt Kordzaia. «Man weiss nicht so recht, wie ernst man das nehmen soll.» Doch Kordzaia geht davon aus, dass er «jederzeit» angegriffen werden könnte.
Wer will schon wegen eines Songs auf der Strasse verprügelt werden?
Mit der Musikszene legt sich der «Georgische Traum» nicht zum ersten Mal an. Schon vor Jahren gab es Razzien in Nachtclubs, die riesige Proteste auslösten. Das Nachtleben in Tiflis vereint weltoffene junge Menschen, die die Regierung kritisch sehen, und ist ein geschützter Raum für die LGBTQ-Community.
Zunehmend ratlose und pessimistische Opposition
Doch die Szene kämpfe mit denselben Problemen wie die gesamte georgische Opposition, sagt Kordzaia. Es ist vor allem Ratlosigkeit angesichts der wachsenden Repression. «Die Stimmung wird immer pessimistischer.»
Ich habe keine Lust, die Konzerte abzusagen und mich so einfach geschlagen zu geben.
Und so dächten viele in der Szene ans Auswandern. Auch Kordzaia gibt zu, dass die Repression funktioniert: Den Protest-Track habe er schon lange nicht mehr gespielt. «Wer will schon wegen eines Songs auf der Strasse verprügelt werden», sagt er.
Dass die Regierung ihre Repression gegen eine bereits eingeschüchterte Szene hochfährt, illustriert die rasante Talfahrt der georgischen Demokratie.
Trotzdem will Kordzaia bald zurück nach Georgien: Es seien mehrere, auch grössere Konzerte fix geplant. «Ich habe keine Lust, die abzusagen und mich so einfach geschlagen zu geben.»
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