Gewerkschaften fordern Zeiterfassung auch bei Vertrauensarbeitszeit
In der Debatte um das geplante Gesetz zur Arbeitszeiterfassung bahnt sich ein Konflikt mit den Gewerkschaften an. Die Bundesregierung muss die Arbeitszeiterfassung nach höchstrichterlichen Entscheidungen neu regeln, will jedoch großzügige Ausnahmen von der Pflicht zur Dokumentation der Arbeitsstunden schaffen. „Die Vertrauensarbeitszeit bleibt ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) drängt man jedoch auf eine Regelung zur lückenlosen Dokumentation. „Für Ausnahmen von der Erfassung für Vertrauensarbeitszeit besteht keinerlei Erfordernis, sie widersprächen aus unserer Sicht zudem dem EU-Recht“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel WELT AM SONNTAG.
„Wir sind nicht grundsätzlich für die Abschaffung der Vertrauensarbeitszeit, da sie meist bei Beschäftigten mit hohen Gehältern einvernehmlich vereinbart wird“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis der Zeitung. Aber: „Sollte sie als ‚Umgehungsmöglichkeit‘ der Schutzrechte des Arbeitszeitgesetzes und der Aufzeichnung durch Arbeitgeber genutzt werden, darf das Modell nicht fortbestehen“, so Kocsis.
Dem widersprechen die Arbeitgeber: „In vielen Betrieben wird die Arbeitszeit bereits heute für die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer erfasst. In anderen Bereichen mit guten Gründen nicht. So wird im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit dem Wunsch der Beschäftigten entgegengekommen und ein verantwortliches Maß an Flexibilisierung ermöglicht“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger WELT AM SONNTAG.
„Vertrauensarbeitszeit mit der Stechuhr zu erfassen, ist ein Widerspruch in sich. Damit würde ein wichtiges personalpolitisches Instrument zur Arbeitszeitflexibilisierung abgeschafft. Mit moderner Arbeitszeitgestaltung hat das nichts mehr zu tun.“
Schon die Vorgängerregierung hatte an einer Neuregelung der Arbeitszeiterfassung gearbeitet. Der damalige Entwurf sei nach dem Scheitern der Ampel-Regierung aber „obsolet“, heißt es aus dem Bundesarbeitsministerium. Deshalb habe man nach der Sommerpause Gewerkschaften und Arbeitgeber zu einem „Dialog“ über die Neuregelung eingeladen. Wann ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, bleibt weiter unklar.
Jan Klauth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Arbeitsmarkt-Themen, Bürgergeld, Migration und Sozialpolitik sowie Karriere-Themen.
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