Prämien fürs Erwischen – Die neue Handgepäcks-Masche von Easyjet
Die Sorge reist mit beim Einsteigen ins Flugzeug. Wer häufiger mit Easyjet, Ryanair oder einem anderen Billigflieger unterwegs ist, kennt das ungute Gefühl: herausgewinkt zu werden, um nachzuweisen, dass der Rollkoffer oder die Reisetasche in ein kleines Metallgestell passen, das die maximale Größe für das Bordgepäck markiert. Stehen die Rollen über oder lässt sich die Tasche auch mit einigem Kraftaufwand nicht in den Rahmen stopfen, droht eine saftige Extrazahlung.
Durchgesickerte E-Mails machen jetzt deutlich, dass Flughafenpersonal an britischen Airports Prämienzahlungen erhält, wenn sie Passagiere der Fluggesellschaft EasyJet mit übergroßem Handgepäck ausfindig machen. Mitarbeiter von Swissport, einem Dienstleister, der die Abfertigung an Flughäfen übernimmt, sind „berechtigt, 1,20 Pfund (1,39 Euro) für jedes Gepäckstück am Gate zu erhalten“, heißt es in der Nachricht, die an Personal an sieben Flughäfen im Vereinigten Königreich und auf den Kanalinseln verschickt wurde. Nach Steuern bleibt den Beschäftigten ein Pfund für jeden Koffer und jede Tasche, die sich als zu groß erweisen.
Auch ein anderer Airline-Dienstleister für die Abfertigung am Boden, DHL Supply Chain, zahlt Beträge für jedes gefundene Gepäckstück, das nicht den EasyJet-Regeln entspricht. Betroffen sind unter anderem die Flughäfen Birmingham, Bristol, Glasgow, London Gatwick, Manchester und Newcastle. Über entsprechende Vorgaben berichteten zunächst die „Sunday Times“ und die „Jersey Evening Post“.
Die Zahlungen seien dafür gedacht, „Mitarbeiter zu belohnen, die das Richtige tun“, heißt es in der Nachricht, die das Programm „EasyJet Gate Bag Revenue Incentive“ erläutert. Als eine Zielvorgabe gelte die Politik aber nicht, die Erkenntnisse würden nicht zum Nachteil von Beschäftigten genutzt, stellt die E-Mail-Nachricht klar.
Wer mit Easyjet reist, kann kostenlos eine kleine Tasche mitnehmen, die unter dem Vordersitz verstaut werden muss. Für größeres Handgepäck, das in den Gepäckfächern über den Sitzen untergebracht wird, müssen Passagiere extra zahlen. Abhängig vom Flug kostet das mindestens 5,99 Pfund, oft jedoch deutlich mehr. Wird ein zu großes Gepäckstück am Gate entdeckt, müssen Reisende in Großbritannien 48 Pfund zahlen. In Deutschland werden in diesem Fall 58 Euro fällig. Der Koffer oder die Tasche werden dann im Frachtraum untergebracht.
Die Regeln für Fluggepäck sind gerade wieder in die Diskussion geraten. Ende Juni hat der Transportausschuss des Europäischen Parlaments vorgeschlagen, Flugreisen mit einheitlichen Maßen für das Handgepäck zu erleichtern. Ohne zusätzliche Gebühren sollen Passagiere ein persönliches Gepäckstück, zum Beispiel eine Handtasche, einen Rucksack oder einen Laptop mitführen dürfen. Dafür schlagen die Parlamentarier maximale Maße von 40 × 30 × 15 cm vor. Zusätzlich sollte ein kleines Handgepäckstück mit einem Gewicht von bis zu 7 Kilogramm an Bord erlaubt sein. Noch sind diese Regeln Vorschläge. Werden sie umgesetzt, gelten sie für alle Reisen in die EU und Flüge innerhalb der Union.
Ryanair passte kurz nach Bekanntwerden der Vorschläge die Maße für Bordgepäck, das unter dem Vordersitz verstaut werden muss, an. Noch gilt eine Obergröße von 40 x 25 x 20 cm. In den kommenden Wochen wird sie auf 40 x 30 x 20 cm erhöht. Die Airlines wehren sich aber dagegen, ein zusätzliches kostenloses Handgepäck anzubieten. Für die daraus entstehenden Kosten müssten alle Passagiere aufkommen, egal ob sie mit oder ohne Koffer reisen, argumentieren Branchenvertreter.
„EasyJet legt großen Wert darauf, dass unsere Abfertigungspartner unsere Bestimmungen korrekt und einheitlich anwenden, um allen unseren Kunden gerecht zu werden“, sagte ein Unternehmenssprecher mit Blick auf die Berichte über Anreize in Großbritannien. „Unsere Gepäckrichtlinien und -optionen sind gut verständlich und wir informieren unsere Kunden bei der Buchung, vor ihrer Reise und auf der Bordkarte erneut über die Details und ihre gebuchten Handgepäckoptionen, sodass nur ein geringer Anteil unsere Passagiere, deren Gepäck nicht den Richtlinien entspricht, am Flughafen eine zusätzliche Gebühr entrichten muss.“
Beschäftigte in der Bodenabfertigung, zum Beispiel am Check-in oder am Gate, sind bei Drittanbietern angestellt. Je nach Flughafen arbeitet die Airline dabei mit unterschiedlichen Partnerunternehmen zusammen, die die Vergütung der Mitarbeiter direkt verwalten.
Ein Swissport-Sprecher betonte, dass das Unternehmen die Richtlinien der Airline-Kunden im Rahmen der vertraglich vereinbarten Bedingungen für den Betrieb umsetze. „Wir arbeiten mit hoher Professionalität, und unser Fokus liegt auf der Durchführung eines sicheren und effizienten Flugbetriebs.“ Zu der Frage, ob auch in Deutschland finanzielle Anreize die Identifikation von zu großem oder zu schwerem Gepäck unterstreichen, äußerte er sich nicht.
Das Personal ist sich indes der Probleme bewusst, die mit den Checks einhergehen. Die „Sunday Times“ zitierte einen ehemaligen Swissport-Angestellten, der anonym bleiben wollte. Er erläuterte, dass die Service-Mitarbeiter keine andere Wahl hätten, als zu kontrollieren. „Leute wegen zu großem Gepäck zu konfrontieren ist so ähnlich, wie Schwarzfahrer zu erwischen“, sagte er. „Man riskiert Beschimpfungen oder Schlimmeres – stell’ Dir vor, Du hältst eine Gruppe Jungs auf dem Weg zum Junggesellenabschied auf und sagst ihnen, dass sie mehr zahlen müssen, als ihre Tickets gekostet haben, nur um ihre Taschen im Frachtraum einzuchecken.“
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