Deutschland zählt fast 190.000 mehr Arbeitslose als im Vorjahr
Der deutsche Arbeitsmarkt steuert schwach in den Sommer: Die Zahl der Arbeitslosen geht im Juni im Vergleich zum Vormonat nur geringfügig zurück. Im Vergleich zum Vorjahr meldet die Bundesagentur für Arbeit sogar einen deutlichen Anstieg.
Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juni nur leicht gesunken. Die Bundesagentur für Arbeit meldete mit Blick auf den zurückliegenden Monat einen Rückgang um 5000 auf bundesweit 2,914 Millionen Erwerbslose. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 188.000 Menschen ohne Arbeit mehr als im Juni 2024. Die Arbeitslosenquote bleibt unverändert bei 6,2 Prozent.
"Am Arbeitsmarkt zeigen sich weiter Spuren der konjunkturellen Schwäche", erklärte BA-Chefin Andrea Nahles. Die Arbeitslosigkeit entwickele sich weiter ungünstig, und die Bereitschaft der Unternehmen zu Neueinstellungen sei gering. "Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wächst praktisch nicht mehr."
Die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands treten am Arbeitsmarkt offen zutage: Die Flaute hält bereits seit über zwei Jahren Flaute an. Seit dem Frühjahr 2022 bewegt sich die Arbeitslosenquote mit den saisonal typischen Schwankungen tendenziell nach oben.
Saisonbereinigt kletterte die Erwerbslosenzahl den Zahlen der Bundesagentur zufolge von Mai auf Juni um 11.000 und damit etwas weniger als von Ökonomen mit 15.000 erwartet. BA-Chefin Nahles hatte bereits Ende Mai vor "tendenziell weiter steigenden Arbeitslosenzahlen" gewarnt. Der Arbeitsmarkt, hieß es, bekomme nicht den Rückenwind, den er für eine Trendwende brauche.
Die Zahlen der monatlichen Job-Statistik umfassen weit mehr als nur die bundesweite Arbeitslosenquote. Die regelmäßigen Veröffentlichungen in Form der sogenannten Monatsberichte enthalten zusätzlich umfangreiche Kennzahlen zum Zustand im Inneren der deutschen Unternehmenslandschaft. Wie wirken sich die Trends in den Regionen von Flensburg bis Garmisch, von Saarbrücken bis Görlitz aus?
Über die regionale Aufschlüsselung nach Wohnort der arbeitslos gemeldeten Personen ergeben sich aus den monatlichen Datenveröffentlichungen auch aufschlussreiche Hinweise zu regionalen Stärken und Schwächen.
Die regionalen Arbeitslosenquoten fallen sehr unterschiedlich aus. Die Bandbreite reicht mit rekordverdächtig niedrigen 2,3 Prozent in mehreren Regionen in Bayern von Zuständen nah an der Vollbeschäftigung bis hin zu düsteren Werten weit jenseits der 10-Prozent-Marke. Dunkler gefärbt tauchen auf der Deutschland-Karte hier vor allem die strukturschwachen Regionen im Westen, Norden und Osten auf.
Im niedrig zweistelligen Bereich bewegen sich zum Beispiel die Region Uckermark im Nordosten Brandenburgs ebenso wie der Regionalverband Saarbrücken an der französischen Grenze oder - knapp - auch die Region Mansfeld-Südharz im Süden von Sachsen-Anhalt. Erkennbar höher liegt die Arbeitslosenquote generell in Städten und Ballungsräumen.
Die höchste regionale Arbeitslosenquote weist die Bundesagentur aktuell für Gelsenkirchen im Ruhrgebiet aus. Dort sind den offiziellen Daten zufolge 15,0 Prozent der Einwohner im erwerbsfähigen Alter derzeit bei der Bundesagentur arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Situation auch hier deutlich verschlechtert - und das, obwohl im Sommer üblicherweise mehr Menschen Arbeit finden als im Herbst oder Winter. Im Vergleich zum Vormonat stieg die Arbeitslosenquote in Gelsenkirchen um 0,1 Prozentpunkt an.
Die Trends in den Bundesländern deuten auf anhaltende Probleme hin: Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Arbeitslosenquote dort in allen 16 Ländern angestiegen. Auf den vorderen Plätzen rangieren auch hier die dicht besiedelten Stadtstaaten: Die Hansestadt Hamburg kommt mit ihrer exportorientierten Wirtschaftsstruktur rund um Deutschlands wichtigsten Seehafen auf eine Arbeitslosenquote von 8,3 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat blieb die Lage hier unverändert, im Vergleich zum Vorjahresmonat hat sie sich um 0,5 Prozentpunkte verschlechtert.
Die Arbeitslosenquote in Berlin verharrt mit 10,2 Prozent knapp im zweistelligen Bereich. Die Hansestadt Bremen - schon seit Längerem vom Strukturwandel gezeichnet - erreicht mit 11,5 Prozent weiterhin die mit Abstand höchste Erwerbslosenquote der 16 Länder,
Anzeichen für eine schnelle Trendwende sind bisher nicht in Sicht. Bundesweit waren bei der Bundesagentur im Juni 632.000 offene Stellen gemeldet. Das sind 69.000 weniger als noch vor einem Jahr. Arbeitslosengeld erhielten im Juni 968.000 insgesamt Menschen, 101.000 mehr als vor einem Jahr. Arbeitsmarktforscher gehen davon aus, dass in diesem Sommer die Marke von drei Millionen Arbeitslosen überschritten wird. Normalerweise sinkt die Zahl im Juni saisonbedingt deutlich, bevor es in der Sommerpause zu steigenden Arbeitslosenzahlen kommt.
Mehr Lehrstellen als Bewerber
Der Lehrstellenmarkt für das neue Ausbildungsjahr ist weiterhin stark in Bewegung. Seit Oktober 2024 haben sich bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern den Daten zufolge insgesamt 396.000 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz gemeldet, 13.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Dem stehen 455.000 gemeldete Ausbildungsstellen gegenüber, 25.000 weniger als im Vorjahr.
Keine signifikanten Ausschläge sind derzeit bei der Kurzarbeit zu erkennen. Im Zeitraum zwischen dem 1. und dem 25. Juni wurde für 35.000 Menschen Kurzarbeit angezeigt - ob diese in Anspruch genommen wird, muss sich erst noch zeigen.
Daten über die tatsächliche Inanspruchnahme liegen bis April vor. In diesem Monat wurde für 214.000 Personen konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt - das sind 44.000 weniger als im März und 1.000 weniger als im April des Vorjahres.
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