Der Auto Club Europa hat unhaltbare Zustände an Deutschlands Autobahnen festgestellt. Viele Lkw parken nicht vorschriftsgemäß und stellen die Einfahrten zu.

Wenn es Abend wird, steigt bei vielen Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern, die auf den Bundesautobahnen unterwegs sind, die Nervosität. Sie müssen mit ihrem Fahrzeug einen Stellplatz finden, wo sie über Nacht bleiben können. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Rastplätze schon voll sind. Dann haben sie nur die Wahl, weiterzufahren oder nicht ganz legal zu parken.

Bis zu 25.000 Stellplätze für Lkw fehlen derzeit bundesweit, so der Auto Club (ACE). Dessen Mitarbeitende waren zwischen Mitte April und Mitte Juni auf deutschen Rastplätzen unterwegs um zu zählen: Wie viele Lkw-Stellplätze sind vorgesehen, und wie viele Fahrzeuge stehen da wirklich?

Verteilungskämpfe auf Deutschlands Rastplätzen

Frank Fleischhauer vom ACE schimpft: "Die dürften da alle nicht stehen, diese Plätze sind für Busse." Und auch die Parkplätze für Autos mit Wohnwagen sind bereits besetzt. Auch da stehen Lkw, widerrechtlich. "Das Schlimme ist, die müssen ja irgendwo stehen, die Lkw-Fahrer, die haben eine gewisse Lenkzeit, die sie nicht überschreiten dürfen. Jede Überschreitung wird geahndet. Und dann stellen sie sich irgendwohin hin", so der ACE-Experte.

Höchstens neun Stunden Lenkzeit, zweimal in der Woche auch zehn Stunden - so ist die Vorschrift. Aber was tun, wenn der Rastplatz überfüllt, die Lenkzeit aber schon vorbei ist? Für die Lkw-Fahrenden ein Dilemma.

Es gibt Parkstreifen, die sind speziell für Schwertransporter beziehungsweise für Transporter mit Überlänge vorgesehen. Aber auch dort parken ganz normale Lkw. "Und was macht ein Transporter mit Windradflügel hinten drauf? Der kann dann nirgendwo stehen, der muss weiter" so Fleischhauer.

Auch eine Frage der Sicherheit

Es geht nicht nur um die Verteilungskämpfe auf den Rastplätzen. Es geht auch um die Verkehrssicherheit. Viele Lkw-Fahrende stellen ihre Fahrzeuge schon kurz hinter der Einfahrt ab. Das Problem: Sie werden von abfahrenden Autos, die zum Beispiel tanken wollen zu spät gesehen.

Vor ein paar Wochen, erzählt Fleischhauer, sei ein Auto mit hoher Geschwindigkeit auf einen abgestellten Lkw geprallt. Beide Insassen tot. Ihm gehe es nicht darum, die Lkw-Fahrer zu kritisieren, sondern im Gegenteil, er wolle auf ihre schwierige Situation aufmerksam machen. Er sei früher selbst ein Jahr lang Lkw gefahren, jetzt würde er das nicht mehr machen wollen.

Schaden für die Wirtschaft

Im Gegensatz zum ACE geht der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) von viel höheren Zahlen aus: 40.000 Stellplätze fehlten aktuell, so der Verband. Und die Zahl werde noch steigen auf 600.000, mahnen sie in Anbetracht der neuen Verkehrsprognose 2040. Diese sieht einen Zuwachs des Straßengüterverkehr um 34 Prozent vor. "Gerade weil zwischen Planung und Fertigstellung eines Parkplatzes oft bis zu zehn Jahre liegen."

Der Platzmangel hat ganz konkrete wirtschaftliche Folgen warnt der Verband. "Die verfrühte Parkplatzsuche und die somit ineffiziente Ausnutzung der Fahrtzeiten beeinträchtigt die Logistik, die Lieferketten und letztlich die Effizienz der Wirtschaft." Dabei seien aufgrund des akuten Mangels an Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern aktuell weniger Transporter unterwegs als es normalerweise der Fall wäre. Wenn außerdem nach der Umstellung auf E-Mobilität jeder Stellplatz mit einer Zapfsäule ausgestattet werden müsse, gäbe es noch mehr Platzprobleme.

Digitale Helfer für die optimale Platzausnutzung

Die Autobahn GmbH ist zuständig, wenn es um die Planung und den Bau von Projekten rund um die Autobahnen geht. Auf ihrer Website schreibt sie: "Wir schaffen Platz". Auch sie räumt ein, dass es Engpässe gibt, besonders in den Nachtstunden.

Knapp 3.000 zusätzliche Lkw-Parkstände seien zwischen 2019 bis 2023 geschaffen worden. Man weiß, dass das nicht reicht. Da es aber offenbar auch nicht ganz so einfach ist, Rastplätze baulich zu erweitern oder neu zu schaffen, setzt die Autobahn GmbH auf sogenannte "telematische Parksysteme". Da geht es vor allem um die optimale Nutzung von Parkfläche, die schon da ist.

Bei einem telematischen Parkverfahren parken zum Beispiel die Lkw dicht hintereinander, die zur selben Zeit oder später als die jeweils vor ihnen parkenden Lkw die Rastanlage verlassen wollen. Auf dem Rastplatz Jura-West in Bayern ist eine solche Anlage seit 2016 in Betrieb, ein Pilotprojekt wissenschaftlich begleitet. Große Anzeigetafeln über den Stellplätzen zeigen die Abfahrtszeiten.

App ist in Planung

Am 10. Juni wurde auf der Rastanlage Hunsrück-West ein ähnliches System in Betrieb genommen, im Beisein des neuen Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder. Mit Schranke, digitalen Zeittafeln, Platzzuweisung. Bis zu 50 weitere Rastanlagen sollen so ausgestattet werden.

Auch eine App ist in Planung. Dadurch könnten die Fahrerinnen und Fahrer schon im Vorfeld sehen, welche Rastplätze voll sind. Das funktioniere allerdings nur, wenn es noch leere Stellfläche gibt, sagt Fleischhauer. Ohne Platz helfe die beste App nicht.

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