Bund gibt Bahn freie Hand bei Aus für Familienreservierung
Die Deutsche Bahn will die Familienreservierung gänzlich abschaffen und gleichzeitig die Preise für Reservierungen erhöhen. Dagegen regt sich Widerstand in Form einer Petition und eines offenen Briefs. Dennoch redet das Verkehrsministerium dem Staatskonzern da nicht rein.
Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn sieht das geplante Aus für die Familienreservierung in den Fernzügen als unternehmerische Entscheidung, lässt aber auch Zweifel daran erkennen. Die Entscheidung falle ins operative Geschäft der Bahn, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Berlin. "Gleichwohl kann man wohl hinterfragen, ob es aktuell das richtige Signal ist." Dennoch bleibe es Aufgabe der Bahn, ihre Tarifpolitik selbst zu gestalten.
Der bundeseigene Konzern hat angekündigt, dass Familien von diesem Sonntag an nicht mehr zum Pauschalpreis bis zu fünf Sitzplätze für sich und Kinder reservieren können. Stattdessen müssen alle Reisenden - auch Kinder - jeweils für eine Reservierung zahlen. Außerdem wird der Preis für eine Reservierung in der zweiten Klasse um 30 Cent teurer und liegt dann bei 5,50 Euro pro Platz. In der ersten Klasse kostet der feste Platz dann 6,90 Euro statt 6,50 Euro. Konkret bedeutet das: Anstelle der 10,40 Euro für eine Familienreservierung in der zweiten Klasse bezahlt eine Familie mit zwei Kindern künftig 22 Euro. Für Hin- und Rückweg kommen 44 Euro anstatt 20,80 Euro zusammen.
Der Ministeriumssprecher betonte, es sollte trotz aller Kritik am Wegfall der Familienreservierung nicht vergessen werden, dass die Bahn weiterhin "ein sehr kinderfreundlicher Verkehrsträger" bleibe. So könnten alle Kinder bis 14 Jahren in Begleitung kostenfrei mitgenommen werden.
Petition und offener Brief gegen Preiserhöhung
Nach erneuter Kritik aus den Regierungsfraktionen gibt es inzwischen auch eine Petition für den Erhalt der Buchungsoption. Gestartet hat sie der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der sich für eine ökologische Verkehrswende einsetzt. Mehr als 5000 Unterschriften sind bereits zusammengekommen (Stand: 13. Juni, 15 Uhr). "Gerade in Zeiten, in denen die Deutsche Bahn mehr Fahrgäste für den Fernverkehr sucht, sollte sie schauen, wie das Reisen für alle attraktiver wird", heißt es in dem Aufruf des VCD. "Bisher war genau das durch die Familienreservierung möglich: Für Kinder unter 14 Jahren konnten die Sitzplätze kostenlos mitgebucht werden. Dass dieser Service ersatzlos gestrichen werden soll, bedeutet höhere Kosten."
Der Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen hat gar einen offenen Brief an die Deutsche Bahn geschrieben. "Familien und Kinder sind nicht nur das Rückgrat und die Zukunft unserer Gesellschaft - sie sind auch die Bahnkunden von morgen", heißt es darin. "Sollte man nicht alles dafür tun, möglichst vielen Kindern einzigartige Bahnerlebnisse zu bieten und sie so langfristig emotional an die Bahn zu binden?"
Kritik aus der Politik
Schon seit Tagen hagelt es Kritik von Politikern und Verbänden an dem Vorhaben der Deutschen Bahn. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, sagte der "Bild"-Zeitung, mit der Abschaffung der Familienreservierung riskiere die Bahn leichtfertig einen weiteren Imageverlust. Die Maßnahme treffe ausgerechnet diejenigen, die auf bezahlbare Mobilität angewiesen seien und auf Sitzplatzreservierungen nicht verzichten könnten. "Bahnreisen muss familienfreundlich sein", sagte Bilger. "Wer mehr Menschen für die Bahn begeistern will, muss familienfreundliche Angebote stärken, nicht streichen."
Bilgers Parteifreund Stephan Stracke, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, sagte, die Maßnahme käme zur Unzeit. "Bald beginnen die Sommerferien. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Familien sich jetzt gegen eine Reise mit der Bahn entscheiden und lieber das Auto nehmen." SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Ich hoffe, dass es noch ein Umdenken gibt. Die Bahn ist nicht so attraktiv, dass man sich solche Preissprünge einfach mal leisten kann."
Auch der Bundesverkehrsminister hält es für "ein falsches Signal". "Ich setze ein großes Fragezeichen dahinter, ob man sich jetzt in der Hauptreisezeit und zu einem Zeitpunkt, wo wir viele Aufgaben vor uns haben, das Bahnfahren attraktiver zu machen, damit einen Gefallen tut", sagte Patrick Schnieder von der CDU dem RND. Kommunikativ sei das "kein Meisterstück" gewesen.
Bahn hält an Vorhaben fest
Doch ungeachtet der wachsenden Kritik hatte die Bahn betont, an der Neuregelung festzuhalten. "Die Familienreservierung werden wir ab dem 15. Juni nicht mehr anbieten", hatte eine Konzernsprecherin bekräftigt. "Wir wollen die Mitnahme von Kindern und Jugendlichen auch weiterhin kostenfrei anbieten", sagte die Bahn-Sprecherin. "Klar ist aber auch: Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage, in der wir uns aktuell befinden, müssen wir unsere Angebote wirtschaftlich tragbar gestalten."
Der Effekt auf die Finanzen durch den Wegfall der Familienreservierung dürfte jedoch begrenzt sein. 2024 machte die Bahn unterm Strich ein Minus von 1,8 Milliarden Euro.
Fünf Prozent aller Fernreisenden hätten die Familienreservierung bisher gebucht. Bei 133,4 Millionen Reisenden im Fernverkehr der Deutschen Bahn im vergangenen Jahr wären das immerhin rund 6,7 Millionen Fahrgäste, die diese Option genutzt haben.
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