Nach Berechnungen des IW ist fast die Hälfte der Babyboomer im Rentenalter vorzeitig in Rente gegangen - vor allem Bessergestellte. Die Ökonomen fordern, den vorzeitigen Renteneintritt zu beschränken.

Aus den Geburtsjahrgängen, die ihre Regelaltersgrenze bis einschließlich 2023 (die Jahrgänge 1954 bis 1957) erreicht haben, gingen 1,8 Millionen Babyboomer vorzeitig in Rente. So lautet das Ergebnis einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Bezogen auf alle Angehörigen des jeweiligen Geburtsjahrgangs ist das ein Anteil von 44 Prozent, bezogen auf die Neurentnerinnen und -rentner laut Rentenversicherung mehr als 55 Prozent.

Von den Jahrgängen 1958 bis 1960, die zum Stichtag 31.12.2023 die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hatten, bezogen zu diesem Zeitpunkt bereits rund 0,9 Millionen Babyboomer eine vorzeitige Rente.

Nach der IW-Studie auf Basis der jüngsten Daten der Rentenversicherung bezogen 2023 bereits 4,5 von 19,5 Millionen Babyboomern eine Altersrente. Der Höhepunkt der Babyboomer-Welle, der Geburtsjahrgang 1964, erreicht laut IW im Jahr 2031 mit 67 Jahren die Regelaltersgrenze.

Ändert sich der Trend zum vorzeitigen Renteneintritt nicht, beziehen nach Berechnungen der Ökonomen ab 2025 erwartungsgemäß jährlich mindestens eine Million Babyboomer vor Überschreiten des Regelalters gesetzliche Rente. Unter Babyboomern verstehen die IW-Forscher die besonders geburtenstarken Jahrgänge 1954 bis 1969.

"Vorzeitigen Renteneintritt beschränken"

Mit den Babyboomern kommen auf die Rentenkasse weitere Milliardenausgaben zu, während die Zahl der Einzahlenden zu sinken droht. Die Rentenausgaben dürften sich bis 2045 angesichts der Alterung der Gesellschaft von derzeit 372 Milliarden Euro mehr als verdoppeln, so steht es im Entwurf für die am Ende gescheiterte Rentenreform der vorherigen Regierung Scholz. Die Ausgaben werden stärker steigen, wenn das Sicherungsniveau der Rente bei 48 Prozent gehalten wird, wie es auch die aktuelle Regierungskoalition verspricht.

Die IW-Ökonomen fordern deshalb, den vorzeitigen Renteneintritt zu beschränken. Vor allem die Rente für langjährig und besonders langjährig Versicherte stehe einer Trendumkehr im Weg. Bei letzterer Variante darf man nach 45 Versicherungsjahren zwei Jahre vor der Altersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen. Zum anderen ist es möglich bei einer Versicherungszeit von 35 Jahren und mit Erreichen des 63. Geburtstags mit Abschlägen eine gesetzliche Altersrente zu beziehen.

Studienautorin Ruth Maria Schüler ist der Ansicht, Union und SPD sollten "konsequent sagen, wir beschränken die Möglichkeiten zum vorzeitigen Renteneintritt." Doch der Erhalt der abschlagsfreien Rente nach 45 Jahren zählte zu den SPD-Kernversprechen im Wahlkampf, entsprechend verspricht das auch der Koalitionsvertrag.

Höheres Einkommen, gute Ausbildung

IW-Forscherin Schüler stellt fest: "Besonders langjährig Versicherte, die ohne Abschläge in Rente gehen, sind Personen, die im Schnitt über ein höheres Haushaltseinkommen verfügen und gut ausgebildet sind." Es seien damit oft nicht jene, die besonders hart körperlich arbeiten müssten.

Das ifo-Institut stellte bereits zuvor fest, die abschlagsfreie Rente werde vor allem von Männern, Fachkräften und Menschen mit anerkanntem Berufsabschluss in Anspruch genommen. Laut einer früheren IW-Erhebung müssten niedrigere Lohngruppen häufiger aus ökonomischen Gründen auf eine vorzeitige Rente verzichten. Schüler erläutert: "Bei der abschlagsfreien Rente finden sich häufig Industrieberufe und klassische Facharbeiterkarrieren." Ziel der Politik solle es sein, die geburtenstarken Jahrgänge möglichst lange im Erwerbsleben zu halten, um die demografische Welle zu glätten, so das IW dazu.

Wegen der schwierigen Lage hatte Bundeskanzler Friedrich Merz im Bundestag eine "Rentenreformkommission" angekündigt. Das Gremium muss erst noch besetzt werden und soll laut Koalitionsvertrag bis zur Mitte der Legislatur Ergebnisse liefern. Schüler appelliert an die schwarz-rote Koalition, darüber hinaus bestimmte Einschränkungen für früheren Rentenbezug zumindest in der angekündigten Rentenkommission als Thema zu setzen.

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