Gehackte Accounts, gestohlene Daten, gefährliche Websites – Cyberkriminalität ist in Deutschland ein anhaltendes Problem. Laut des Bundesministeriums des Innern (BMI) wurden im vergangenen Jahr 131.391 Fälle von Cyberkriminalität in Deutschland erfasst. Weitere 201.877 Straftaten wurden aus dem Ausland oder von einem unbekannten Ort aus verübt.

Nun zeigt eine neue Analyse, wie sich Deutschland im europäischen Vergleich schlägt. Der Cybercrime Risiko Index wurde von dem Berliner Software-Unternehmen heyData erstellt, das im Datenschutz- und Compliance-Bereich auf Software-as-a-Service spezialisiert ist. Demnach waren über 40 Prozent der Verbraucher hierzulande zuletzt Ziel von Cyberangriffen.

Damit sei Deutschland eines der am stärksten gefährdeten Länder – das Risiko, Ziel eines Cyberangriffs zu werden, liege „deutlich über dem europäischen Durchschnitt“. Die Bundesrepublik belegt im Ranking den vierten Platz, was der Analyse zufolge auf „eine Kombination aus aggressiven Angriffen und riskantem Nutzerverhalten“ hinweist. Die häufigsten Vorfälle seien dabei Phishing, Datendiebstahl und Schadsoftware.

Für die länderübergreifende Analyse hat das Unternehmen die Cyberkriminalität in 15 europäischen Staaten anhand von vier Faktoren untersucht, die in einer „gewichteten Gesamtwertung zusammengeführt“ wurden. Grundlage waren demnach „vergleichbare und öffentlich zugängliche Daten, die eine nachvollziehbare Einschätzung der Risiken je Land ermöglichen“, etwa von Eurostat.

Die Verbraucher-Risiken zeigen, inwiefern Konsumenten zum Beispiel beim Surfen, Kommunizieren oder Einkaufen im Netz von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffen sind. Die Unternehmens-Risiken geben Aufschluss darüber, wie häufig Unternehmen mit IT-Sicherheitsvorfällen konfrontiert werden. Verhaltensrisiken zeigen zum Beispiel, wie häufig unsichere Passwörter oder unzureichende Datenschutzmaßnahmen vorkommen. Die finanziellen Schäden wiederum geben den geschätzten wirtschaftlichen Schaden pro Kopf an, der etwa durch Betriebsunterbrechungen oder Lösegeldforderungen entsteht.

Auch Unternehmen sind betroffen

Das Ergebnis: Die geschätzten Schäden durch Cyberangriffe belaufen sich in den untersuchten Ländern auf insgesamt rund 80 Milliarden Euro. In Deutschland liegt der jährliche finanzielle Schaden pro Einwohner demnach bei etwa 82 Euro. Höhere Werte verzeichnen unter anderem die Schweiz (189 Euro) und Österreich (335 Euro) sowie Spanien (394 Euro) und Belgien (250 Euro). Spitzenreiter im Ranking ist jedoch Großbritannien, hier liegt der finanzielle Schaden jährlich bei 548 Euro pro Einwohner.

Beim Verbraucher-Risiko liegt Deutschland mit 40 Prozent auf dem sechsten Platz, am höchsten ist dieses mit 66 Prozent in Norwegen, am niedrigsten in Polen mit gerade einmal neun Prozent. Beim Unternehmens-Risiko teilt sich Deutschland den dritten Platz mit Frankreich. In beiden Ländern meldeten 25 Prozent der Unternehmen zuletzt sicherheitsrelevante IT-Vorfälle. Häufiger kam dies laut Analyse nur in den Niederlanden (26 Prozent) sowie Polen (32 Prozent) vor.

Der Analyse von heyData zufolge sind auch Unternehmen in Deutschland zunehmend durch Cyberkriminalität gefährdet. 25 Prozent meldeten zuletzt „sicherheitsrelevante IT-Vorfälle“ – also jede vierte Firma. Besonders gefährdet seien mittelständische Firmen, da ihre IT-Infrastruktur häufig „noch nicht ausreichend gegen moderne Angriffsarten abgesichert“ sei. Im Vergleich zu Großunternehmen würden häufig spezialisierte IT-Sicherheitsstrukturen sowie regelmäßige Risikoanalysen fehlen.

Verbraucher müssen sich der Risiken bewusst sein

Dabei sei neben der Aggressivität der Kriminellen auch das Verhalten der Verbraucher ein Grund für die hohen Zahlen. So gehen 34 Prozent der Verbraucher in Deutschland „nachweislich nachlässig“ mit persönlichen Daten um, wie heyData unter Berufung auf aktuelle Umfragewerte von Eurostat berichtet. Beispiele seien etwa die Preisgabe sensibler Informationen über unsichere Verbindungen oder das Speichern von Daten auf unsicheren Plattformen.

Miloš Djurdjević, Mitgründer und Managing Director von heyData, erklärt: „Der nachlässige Umgang mit persönlichen Daten in Kombination mit dem hohen Risiko, ins Visier von Kriminellen zu geraten, unterstreicht, dass Verbraucher ihre digitalen Sicherheitsroutinen dringend verbessern müssen.“ Die Ersteller der Analyse warnen zudem davor, dass künstliche Intelligenz es Kriminellen leichter macht, „erfolgreiche Angriffe mit geringem Aufwand zu starten“. Dadurch könne die Bedrohung künftig noch verstärkt werden.

So können Sie sich online schützen

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Verbraucherzentrale geben Tipps, wie sich Verbraucher im Alltag vor Cyberangriffen schützen können. Denn oft sind es nur kleine Änderungen im eigenen Nutzungsverhalten, die Kriminellen die Arbeit erschweren können:

  • Halten Sie Betriebssysteme, Anwendungen und Antivirenprogramme auf dem neusten Stand, führen Sie regelmäßig Updates durch und aktivieren Sie Firewalls.
  • Richten Sie eine Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) für zusätzliche Sicherheit ein – besonders bei sensiblen Daten wie etwa dem Online-Banking.
  • Vermeiden Sie die Nutzung von Administrator-Konten für alltägliche Aktivitäten.
  • Nutzen Sie unterschiedliche Passwörter für Ihre Accounts und vermeiden Sie einfache oder leicht zu erratende Passwörter.
  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Kontoeinstellungen und -aktivitäten.
  • Nutzen Sie keine öffentlichen WLAN-Netzwerke für sensible Transaktionen.
  • Klicken Sie nicht auf Links und öffnen Sie keine Anhänge in E-Mails, SMS oder anderen Nachrichten von unbekannten Absendern.
  • Antworten Sie nicht auf Nachrichten und geben Sie keine Daten raus, wenn Ihnen die Nachricht seltsam vorkommt – Phishing Nachrichten können täuschend echt aussehen.

Victoria Niemsch ist Volontärin bei WELT und Business Insider. Sie schreibt im Wirtschaftsressort über die Themenschwerpunkte Karriereplanung, Verbraucherschutz und Betrug.

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