Abschaffung der Familienreservierung bei der Bahn sorgt weiter für Kritik
Inhalt des Artikels:
- Was kosten Sitzplätze ab dem 15. Juni?
- Verkehrsclub VCD fordert Rücknahme der Preiserhöhung
- Ruf nach Eingreifen der Politik
- Deutsche Bahn verteidigt ihre Preispolitik
Die anstehenden Preiserhöhung der Deutschen Bahn (DB) für die Reservierung von Sitzplätzen steht weiter in der Kritik. Der Konzern erhöht die Kosten für die Reservierung eines Sitzplatzes ab Sonntag um 30 Cent – und schafft die sogenannte Familienreservierung ab. Klima-Ökonomin Claudia Kemfert sagte MDR AKTUELL, diese Art von Preispolitik könnnte viele Familien dazu bringen, auf das Auto umzusteigen. "Das ist, was wir gerade nicht wollen. Wir wollen ja, dass mehr Menschen Bahn fahren."
Es wäre sinnvoller, die Deutsche Bahn preiswerter und attraktiver zu gestalten, betonte sie. In Österreich und der Schweiz erhalte die Bahn mehr Gelder. Hier müsse Deutschland nachziehen, damit die Bahn die Preise eben nicht erhöhen müsse, um wirtschaftlich zu sein. Mit Blick auf geplante Investitionen in die Infrastruktur, müsse die Bahn "wirklich besser ausgestattet" werden, sagte Kemfert.
Was kosten Sitzplätze ab dem 15. Juni?
Auf seiner Webseite informiert der Konzern über die ab Sonntag anfallenden Kosten in Höhe von 5,50 Euro für einen Sitzplatz in der 2. Klasse – rund 30 Cent mehr als bislang. In der 1. Klasse kostet ein Platz künftig 6,90 Euro (zuvor 6,50 Euro). Statt eines Festpreises in Höhe von 10,40 Euro müssen Familien künftig auch für Kinder einzelne Sitzplätze reservieren und bezahlen. Eine Familie mit zwei Kindern bezahlt dann 44 Euro Reservierungskosten für eine Hin- und Rückreise.
Verkehrsclub VCD fordert Rücknahme der Preiserhöhung
Alexander Kaas Elias vom Ökologischen Verkehrsclub VCD forderte die DB auf, die Preiserhöhungen gänzlich zurückzunehmen. "Wir würden uns wünschen, dass die deutsche Bahn weiterhin an einer Familienreservierung festhält und insgesamt nachhaltige Preispolitik macht, mit der Kundinnen und Kunden sicher rechnen könne", sagte er MDR AKTUELL. Die Preiserhöhung sei ein falsches Signal in einer Zeit, in der nachhaltige Mobilität im Fokus stehe. "Gerade Familien werden nochmal durchrechnen, ob nicht andere Varianten (der Mobilität) günstiger sind."
Keine Sitzplätze zu reservieren sei zudem für Familien keine Alternative. Keine Familie wolle mit ihren Kindern im Gang sitzen, hieß es vom Verband.
Ruf nach Eingreifen der Politik
Eine Reservierung sei für Sicherheit, Planbarkeit und weniger Stress für alle Reisenden unverzichtbar, sagte auch die Vorsitzende des Verbands kinderreicher Familien Deutschland, Elisabeth Müller. "Wer mit mehreren Kindern reist, braucht verlässliche, zusammenhängende Plätze. Das ist keine Frage des Komforts, sondern der Zumutbarkeit." Familien mit fünf Kindern müssten künftig einen Anstieg der Reservierungskosten um 270 Prozent stemmen und statt bisher 20,80 Euro dann 77,00 Euro zahlen.
Der Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn, Detlef Neuß, forderte indes eine Intervention der Bundesregierung, sollte die Bahn ihre Entscheidung nicht zurückziehen.
Deutsche Bahn verteidigt ihre Preispolitik
Bereits am Dienstag waren Stimmen aus Politik und Zivilgesellschaft lautgeworden, die die Preiserhöhungen der Bahn kritisierten. Die Umweltorganisation Greenpeace etwa beklagte eine zusätzliche Belastung für Haushalte mit wenig Einkommen. Die Entscheidung für eine klimafreundliche Reise werde erschwert. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Victoria Broßart unterstellte der Bahn, Familien scheinbar aus Zügen vertreiben zu wollen. Auch aus der CDU kam die Forderung, die Bahn solle die neue Preispolitik überdenken.
Das Unternehmen verteidigt indes seine Entscheidung. Die Bahn argumentierte schriftlich in einer Mail, dass die Familienreservierung bisher kaum genutzt worden sei, nämlich nur von rund fünf Prozent der Fernreisenden. Auf Nachfrage von MDR AKTUELL, ob das nicht ein Argument für die Beibehaltung der Familienreservierung sei, reagierte der Konzern nicht.
MDR/dpa/Deutsche Bahn (lik)
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