EnviaM steigt aus Wasserstoff-Projekt aus
MDR AKTUELL: Ralf, was hat es mit der Entscheidung auf sich?

Ralf Geißler: Ja, das Unternehmen selbst schreibt, man sei aus wirtschaftlichen Erwägungen aus "Green Bridge" ausgestiegen. Die Entscheidung dürfte allerdings der Mutterkonzern Eon angeregt haben, der schraubt nämlich seine Wasserstoff-Aktivitäten schon seit einigen Monaten zurück und spricht davon, dass man in diesem Thema "depriorisiert", also sprich: Man hat jetzt eben andere Schwerpunkte.
Man muss wissen, Investitionen in die Wasserstofftechnologie, in Elektrolyseure, in Leitungen, die kosten gerade am Anfang sehr viel Geld. Und es ist eben nach wie vor unklar, wie viele Gaskunden bereit sein werden, für grünen Wasserstoff einen Preis zu bezahlen, der deutlich über dem für herkömmlichen Wasserstoff liegt. Und wohl deshalb hat sich Eon, beziehungsweise hat sich die Tochter EnviaM entschieden, aus "Green Bridge" auszusteigen, womöglich benötigt das Unternehmen eben das Geld auch gerade an anderer Stelle, denn EnviaM baut auch das Stromnetz massiv aus und das kostet natürlich auch viele hunderte Millionen Euro.
Was bedeutet der Rückzug von EnviaM für die Wasserstoffvorhaben in Mitteldeutschland denn jetzt insgesamt?
Also es gibt ein unmittelbar betroffenes Unternehmen, das ist BMW in Leipzig. Das sollte nämlich über die "Green Bridge", also die Wasserstoffleitung und die Elektrolyseure daneben mit grünem Wasserstoff versorgt werden. BMW setzt jetzt schon grünen Wasserstoff ein, und zwar in der Lackiererei, dafür kommen bislang allerdings Lkw, die das grüne Gas bringen.
In Zukunft sollte es über die Leitung kommen und daran hält BMW auch fest. Also man setzt sehr viel auf grünen Wasserstoff dort und wenn man sich in der Branche umhört, dann wird es auch klappen. Also dem Vernehmen nach könnte wohl der Gasnetzbetreiber Ontras das Leipziger Werk ans Wasserstoffnetz anschließen und künftig versorgen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es zwar nicht, aber wenn es so kommt, dann würde Ontras zumindest teilweise vollenden, was EnviaM mit der "Green Bridge" nicht mehr weitermachen will.
Bedeutet das, der Ausstieg von EnviaM aus dem Projekt ist gar nicht so schlimm?
Der Ausstieg ist schon ein Rückschlag. Die Euphorie rund um den grünen Wasserstoff, die war anfangs ja gigantisch und wie unangenehm dieser Rückschlag, dieser Dämpfer jetzt ist, das kann man auch daran sehen, dass EnviaM den Ausstieg aus dem Projekt ja nicht offiziell kommuniziert hat, also ist letztlich jetzt nur durch eine Recherche der "Leipziger Volkszeitung" rausgekommen, dass man da ausgestiegen ist, und immer noch äußert sich das Unternehmen ja sehr zurückhaltend.
Aber ich würde sagen, es ist nicht das Ende der Wasserstoffwirtschaft, es gibt durchaus Projekte, die noch laufen und auch vollendet werden. In Bad Lauchstädt zum Beispiel geht dieses Jahr der bislang größte Elektrolyseur der Region ans Netz und wird Wasserstoff nach Leuna liefern.
Also es gibt schon noch ein paar Vorhaben, die auf jeden Fall kommen, aber es ist eben schwierig. Es ist schwierig, weil die Regulatorik auch schwierig ist. Die EU hat ja mal festgelegt, wann Wasserstoff genau grün ist. Da müssen also wirklich 100 Prozent Ökostrom eingesetzt werden in dem Elektrolyseur, schon bei 95 Prozent ist der Wasserstoff dann nicht mehr grün. Das alles relativ komplex [...], aber wenn man Fachleute fragt, die sagen: Der grüne Wasserstoff wird schon eine wachsende Rolle spielen, wie bedeutend die sein wird, das ist aber eben nach wie vor offen.
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