Hat Musk mit seinem Schulden-Vorwurf recht?
Tesla-Chef Musk und US-Präsident Trump liefern sich einen Schlagabtausch über die US-Staatsverschuldung. Musk nennt Trumps Steuerpläne eine "ekelhafte Abscheulichkeit" und warnt vor einer Pleite. Experten nehmen dem Tech-Milliardär derweil den Wind aus den Segeln.
US-Präsident Donald Trump und Tesla-Boss Elon Musk haben sich auf ihren jeweiligen Social-Media-Plattformen eine öffentliche Schlammschlacht geliefert. Auslöser ist ein Gesetzentwurf, der derzeit im Senat liegt. Er sieht umfassende Steuer- und Ausgabenreformen vor, mit denen große Teile der politischen Agenda Trumps umgesetzt werden sollen. Sie würden allerdings auch die Staatsverschuldung um Billionen Dollar erhöhen, sagen unabhängige Haushaltsbeobachter. Das Repräsentantenhaus hatte den Gesetzentwurf im vergangenen Monat mit hauchdünner Mehrheit verabschiedet.
Musk hatte seine Kritik daran mit der damit verbundenen Erhöhung des Bundesdefizits begründet und das Gesetz als "ekelhafte Abscheulichkeit" bezeichnet. Trump wiederum warf Musk vor, das Gesetzesvorhaben abzulehnen, weil es die Abschaffung der Steuergutschriften für E-Fahrzeuge vorsieht.
Die USA haben derzeit laut US-Finanzministerium öffentliche Schulden in Höhe von 36,2 Billionen US-Dollar, was mehr als 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Zum Vergleich: Deutschland hat bei seinen Geldgebern Schulden in Höhe von 2,6 Billionen US-Dollar. Die USA können sich bislang diese Schulden und zugleich hohe Haushaltsdefizite ohne Probleme leisten.
Denn die größte Volkswirtschaft genießt ein Privileg: US-Staatsanleihen und der Dollar sind die Welt-Reservewährung. Es gibt eine große Nachfrage nach US-Staatsanleihen - von Zentralbanken über institutionelle Investoren bis zu Privatanlegern. Doch mit der Politik von US-Präsident Trump wachsen Zweifel an der Tragfähigkeit der Schulden. Zuletzt entzog die Ratingagentur Moody's den USA mit Blick auf die Steuerpläne die Top-Bonität.
"Wenn Amerika pleitegeht, ist alles andere egal"
Zuletzt hat Musk auf seiner Plattform X erneut Stellung zur US-Staatsverschuldung bezogen: "Wenn Amerika pleitegeht, ist alles andere egal" schreibt er dort über einen re-posteten Beitrag seiner Lobbygruppe America PAC. Dabei handelt es sich um politische Aktionskomitees, die Spenden in unbegrenzter Höhe annehmen und sie zur Werbung für Kandidaten oder politische Anliegen verwenden können. Musk hatte America PAC gegründet, um Trumps erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur 2024 zu unterstützen.
In dem Video erklärt der Tech-Milliardär, wenn ein Land zahlungsunfähig werde und sein ganzes Geld nur für die Zahlung von Schuldenzinsen ausgegeben wird, bleibe kein Geld mehr übrig. "Ein Land ist nicht anders als ein Mensch. Gibt ein Land zu viel aus, geht es pleite, genauso wie ein Mensch, der zu viel ausgibt, pleitegeht." Daher sei es nicht optional, diese Probleme zu lösen. Es sei unerlässlich.
Der Vergleich, den Musk in seinem Tweet zieht, hinkt für Markus Brunnermeier von der Princeton University. Eine Volkswirtschaft könne man nicht einfach mit einer Person gleichsetzen. "Für die Schuldentragfähigkeit muss man auch die Wachstumsrate mit einbeziehen. Zudem kann ein Staat seine Schulden weginflationieren", sagt der Professor für Volkswirtschaftslehre auf Anfrage von ntv.de. Allerdings müsse ein Staat, wie eine Person, darauf achten, die Schulden in Grenzen zu halten, da höhere Inflation und Krisen für viele zu Verwerfungen führen. "Schulden, die nicht durch Wachstum abgedeckt sind, sind ein süßes Gift."
Florian Schuster-Johnson vom überparteilichen Thinktank Dezernat Zukunft gibt außerdem zu bedenken: Die USA können wegen eines starken US-Dollar gar nicht pleitegehen. Die nationale Währung sei nach wie vor und trotz aller Unkenrufe die unangefochtene globale Reservewährung, und die Fed würde jederzeit amerikanische Staatsanleihen kaufen. "Das Problem von Trumps Haushaltspolitik ist, dass er zwar die Schulden deutlich erhöht, aber nicht davon auszugehen ist, dass die Wirtschaft gleichzeitig entsprechend anspringt", erklärt Schuster-Johnson auf Anfrage von ntv.de.
IWF rechnet mit steigender Staatsverschuldung
Die Zölle und die weltweite Unsicherheit seien eine große Belastung für die amerikanische Wirtschaft. Bei dem hohen Schuldenstand würden zudem die Zinszahlungen einen immer größeren Teil des Haushalts einnehmen. Um die zu bezahlen, braucht es laut dem Experten eine boomende Wirtschaft und steigende Steuereinnahmen. "Die sind aber von den Steuersenkungen bei all den anderen Problemen nicht zu erwarten", so Schuster-Johnson. Er prognostiziert, dass Trump das Haushaltsloch wahrscheinlich weiter vergrößern, dass die Zinslast steigen und die Wirtschaft gleichzeitig leiden wird. "Musks Analyse ist also nicht falsch, aber die Schlussfolgerung einer Staatspleite ist falsch. Das Problem ist eher, dass der Staat dann immer mehr Geld in Zinsen steckt, statt die Wirtschaft wieder ans Laufen zu bringen", sagt Schuster-Johnson.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet in den kommenden Jahren mit einer deutlich steigenden Staatsverschuldung. 2025 dürfte der Schuldenberg im Verhältnis zur globalen Wirtschaftsleistung auf 95,1 Prozent klettern. 2024 waren es 92,3 Prozent. Für die USA rechnet der IWF dieses Jahr mit einer Verschuldung von 122,5 Prozent, die dann bis 2030 auf gut 128 Prozent ansteigen dürfte.
Für Deutschland rechnet der IWF dieses Jahr mit einem Anstieg auf 65,4 Prozent (2024: 63,9). Bis 2030 werden dann knapp 75 Prozent erwartet. Die designierte Bundesregierung aus Union und SPD plant einen 500 Milliarden Euro schweren Sondertopf zur Modernisierung der Infrastruktur. Außerdem wurde die Schuldenbremse geändert, um deutlich mehr Geld in die Aufrüstung der Bundeswehr stecken zu können. Laut Brunnermeier ist die deutsche Lage weniger problematisch und die Schuldentragfähigkeit stabiler. Zudem ist die jährliche Neuverschuldung Deutschlands wesentlich niedriger. "In den USA war schon unter Biden und Janet Yellen die Lage problematisch, aber das neue Gesetzespaket wird die Lage noch verschärfen", sagt Brunnermeier.
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