Zwei Jahre war Holger M. Wilhelm nicht als Gregor Brunner in "Dahoam is Dahoam" zu sehen. Im Interview spricht er über seine Zwangspause.

2021 bot sich für "Dahoam is Dahoam"-Fans ein ungewohntes Bild. Plötzlich stand ein Fremder hinterm Tresen des Brunnerwirts im fiktiven Dorf Lansing. Die Rolle des Gregor Brunner, die seit 2010 von Holger Matthias Wilhelm (49) verkörpert wurde, war neu besetzt worden. Der Publikumsliebling musste "aus persönlichen Gründen eine Pause einlegen", hieß es damals vom BR. In dieser Zeit sprang Markus Baumeister (50) als Ersatzdarsteller ein.

Erst knapp zwei Jahre später kehrte Wilhelm zur BR-Vorabendserie (montags bis donnerstags, 19:30 Uhr) zurück. Dann wurde auch der Grund für die Auszeit bekannt: eine schwere Krebserkrankung. In der Doku-Reihe "Lebenslinien" spricht Wilhelm nun offen über diese Zeit. Am 6. Oktober um 22:00 Uhr wird die Ausgabe mit dem Titel "Der Brunnerwirt findet zurück" im BR Fernsehen ausgestrahlt, in der ARD Mediathek ist sie bereits abrufbar. Im Interview mit spot on news spricht der Schauspieler über seine Rückkehr ans "Dahoam is Dahoam"-Set und darüber, wie er es erlebt hat, einen anderen Darsteller in seiner Rolle zu sehen.

Wie geht es Ihnen seit Ihrer Rückkehr zu "Dahoam is Dahoam"?

Holger M. Wilhelm: Ich freue mich sehr, dass ich wieder hier bin. Nach der langen Zeit, die ich durch meine Krankheit aussetzen musste, war das wie ein Homecoming. Das war einfach total schön und alle waren so nett. Das ist etwas, was einen in so einer Zeit, in der man sich wiederherstellen und wieder fit werden muss, richtig motiviert. Dazu zählt auch, dass die Redaktion gesagt hat "Hey, wir halten dir den Platz frei", was nicht selbstverständlich ist. Das Wissen, dass man in seinem Beruf weiterarbeiten kann, das gibt auch nochmal Energie und Motivation.

Würden Sie sagen, Sie haben sich verändert?

Wilhelm: Klar bin ich nicht mehr der Alte. Das wäre auch schlimm. Man hat sich natürlich auch von der Einstellung her ein bisschen verändert. Ich war immer ein Mensch, der 150 bis 200 Prozent bei allem gibt, was er macht. Also wenn ich mich für etwas entscheide, dann mache ich es richtig oder gar nicht. Aber jetzt habe ich das schon ein bisschen heruntergefahren. Ich habe gemerkt, dass es nicht immer 200 Prozent sein müssen, sondern es auch okay ist, im normalen Gang zu fahren.

Wie war der erste Dreh am Set nach der Pause?

Wilhelm: Meine erste Szene war ein Außendreh mit meinem Kollegen Bernhard Ulrich. Ich war zwei Jahre nicht da. Wir standen uns gegenüber und spielten die Szene. Und während ich gesprochen habe, dachte ich mir: Krass! Seitdem ich weg bin, hat sich hier nichts verändert. Aber auch gar nichts. Es ist alles noch genauso wie vorher. Als wäre ich nie weg gewesen.

Für Ihre Rolle, den Gregor Brunner, hatte sich in dieser Zeit aber schon einiges verändert...

Wilhelm: Ja und das fand ich natürlich auch ein bisschen unfair. Als Schauspieler spiele ich gern Dramen. Und genau in dieser Zeit, als ich nicht da war, sind unheimlich viele spannende Sachen passiert. Gregor hat sich von Fanny getrennt, Gregor ist unverhofft Vater geworden und lauter solche Geschichten. Diese Dinge weiß man ja schon vorher und man freut sich darauf, das zu spielen - und dann spielt es jemand anderes.

Haben Sie sich die Folgen mit Markus Baumeister als Gregor angesehen?

Wilhelm: Ja, das schaut man sich dann an und denkt sich: Nein, also das hätte ich ganz anders gemacht. Und das ist das Schlimme. Ich konnte mir das dann nicht anschauen. Man hat ja die Figur über 15 Jahre aufgebaut und dann spielt es ein anderer natürlich anders. Das ist ja ein anderer Mensch. Der ist auch ganz kurzfristig eingesprungen und hat das toll gemacht. Also auch ein riesiges Kompliment an Markus. Aber es war halt nicht ich. Das klingt total bescheuert, aber man verwächst so mit seiner Rolle. Obwohl ich im Krankenhaus war und es mir nicht gut ging, habe ich mich darüber geärgert, dass ich es nicht selbst spielen durfte. Und das, obwohl ich eigentlich ganz andere Probleme hatte. Das ist wahrscheinlich so eine Schauspieler-Krankheit. Als Schauspieler, der viel am Theater gearbeitet hat, kenne ich Kranksein einfach nicht.

Wäre es Ihnen lieber gewesen, man hätte Gregor für die Zeit aus der Serie herausgeschrieben?

Wilhelm: Darüber habe ich lange nachgedacht. Sie hätten mir den Gefallen auch getan, wenn es nicht so kurzfristig gewesen wäre. Es waren alle Bücher schon geschrieben, es war alles schon vorbereitet. Wir haben ja ein halbes bis dreiviertel Jahr Vorlauf. Das alles umzuschmeißen, wäre ein unglaublich großer Aufwand gewesen, der finanziell fast nicht zu stemmen ist. Deswegen hat man sich entschieden, den Gregor neu zu besetzen. Es war aber sehr schön von der Redaktion und auch von der Produktion, dass von Anfang an klar war, dass das nur auf Zeit ist und man mir alle Türen offen hält. Also das war mega toll.

Fans haben Sie ja auch schmerzlich vermisst in der Zeit. Haben Sie das mitbekommen?

Wilhelm: Ja. Das ist tatsächlich etwas, was ich mir vorher nie hätte vorstellen können, dass sich irgendjemand so für mich interessiert. Natürlich wusste ich, dass ich ein paar Fans hatte. Aber dass sich wirklich jemand Gedanken um mich macht, also echte Gedanken und sogar Sorgen, das war für mich Neuland. Aber das war total schön.

Es wusste auch niemand, was wirklich los war...

Wilhelm: Ja. Da bin ich auch meinen Nachbarn, meinen ganzen Freunden, meiner Familie und allen Bekannten, die davon wussten, sehr dankbar, dass da nichts nach außen gedrungen ist. Auch die Redaktion hat mir versprochen, dass sie nichts sagt. Und ich muss ehrlich sagen, es war toll, dass alle dicht gehalten haben. Ich war damals auch nicht in der Verfassung, in der ich irgendwelche Publicity vertragen hätte. Darum war ich froh, dass ich das mit meiner Familie, meinen Freunden und allen, die uns unterstützt haben, im kleinen Kreis machen konnte. Als es mir wieder gut ging und ich zurückgekommen bin, war es mir aber wichtig, dass die Leute erfahren, was los war. Damit auch die ganzen Spekulationen aufhören. Es gab ja die wildesten Gerüchte und damit wollte ich auch einfach aufräumen.

Sie sind jetzt in "Lebenslinien" zu sehen. Wie haben Sie dieses Projekt erlebt?

Wilhelm: "Lebenslinien" war für mich eines der tollsten Dinge, die ich seit langem gemacht habe. Und das hat einen ganz einfachen Grund: "Lebenslinien" spult dein ganzes Leben noch einmal ab und dann geht man all seine Stationen noch einmal durch. Da habe ich für mich gemerkt, dass es noch offene Enden in meinem Leben gibt. Dinge, mit denen ich noch nicht wirklich abgeschlossen hatte. "Lebenslinien" hat mir die Möglichkeit gegeben, an verschiedene Orte zurückzukehren, auch nochmal mit Menschen, die mein Leben bereichert haben, in Kontakt zu treten und Dinge abzuschließen. Die hätte ich sonst noch viele Jahre mit mir herumgetragen. Das war für mich das Großartige. Was dabei herausgekommen ist, ist wirklich sehr direkt, so nah, so berührend, dass es für mich erstmal sehr ungewohnt war. Aber für die Zuschauerinnen und Zuschauer ist es bestimmt schön, mal einen anderen Holger zu sehen.

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