Oliver Masucci drehte für die Serie "The German", die nun auf MagentaTV läuft, in Israel. Wie ihn das geprägt hat, erzählt er im Interview.

Ab 24. Juli zeigt MagentaTV "The German", eine neue Spionagethrillerserie mit Oliver Masucci (56) in der Hauptrolle. Darin geht es um ein Paar, das sich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg kennenlernte: 25 Jahre später sind Uri (Masucci) und Anna (Ania Bukstein) immer noch verliebt. Doch als der Mossad Uri für eine gefährliche Mission in Deutschland rekrutiert, ändert sich für die beiden alles.

Masucci lernte für seine Rolle als Uri die hebräische Sprache, in der er teilweise spielt. Im Interview mit spot on news verrät der Schauspieler, wie viel er davon behalten hat und wie er die Dreharbeiten vergangenes Jahr in Israel erlebt hat.

Ihre neue Serie "The German", eine israelisch-amerikanische Produktion, feierte in Lille auf dem "Series Mania"-Festival Premiere. Wie waren die Reaktionen?

Oliver Masucci: Die Resonanz auf die Serie war sehr positiv. Sie überzeugt durch ihre hohe Qualität - und das trotz eines Budgets, das weit unter dem liegt, was in Deutschland üblich ist. Dabei sieht die Serie nicht nur besser aus als viele heimische Produktionen, auch das Storytelling ist präziser, spannender. Weniger Mittel zwingen eben zur Konzentration auf das Wesentliche - und genau das macht die Erzählung so fesselnd. Das Publikum hat begeistert reagiert.

Hinter dem Projekt stehen die Autoren von "Fauda", "Teheran" und "The Girl from Oslo". Ich selbst - ich bin auch Co-Produzent der Serie - war an den Drehbüchern beteiligt, habe diese mitgeschliffen. Und gemessen an den Mitteln ist das Ergebnis beeindruckend. Ich bin sehr, sehr zufrieden. Bei der Premiere waren allerdings auch einige Aktivisten vor Ort. Die pro-palästinensischen Demonstranten hatten den halben Saal gebucht, nur um dann lautstark hinauszulaufen.

Ist die Serie politisch?

Masucci: Nein, darum geht es nicht. Die Serie spielt in den 70er-Jahren. Im Zentrum stehen Geheimnisse, die Menschen, die sich lange kennen, voreinander haben und die Leben zerstören. Geheimnisse, die der Staat kennt - und nutzt, um Leute zu erpressen.

Ist es das, was Sie gereizt hat an der Geschichte?

Masucci: Ich war schon lange ein großer Fan von "Fauda" und "Teheran". Als das Team anrief, war ich sofort Feuer und Flamme. Mich reizen fremde Länder, andere Sprachen - und die Herausforderung, darin zu spielen. Als sie vorschlugen, meine Rolle auf Hebräisch zu spielen, habe ich spontan gesagt: "Keine Chance." Eine halbe Stunde lang habe ich erklärt, warum das unmöglich ist. Dann fragten sie: "Können wir es trotzdem versuchen?" Ich musste so lachen, dass ich gesagt habe: "Na gut."

Haben Sie das Hebräisch behalten?

Masucci: Ja. Jeden Satz. Der Text ist im Langzeitgedächtnis. Ich habe die Sprache rückwärts gelernt: Erst die Texte für die Serie, dann den Alltag. Heute verstehe ich etwa 30, 40 Prozent. Ich spreche Hebräisch mit ordentlicher Aussprache. Ich habe das alte Hebräisch der 70er trainiert. Ich höre die Sprache inzwischen ganz gut - und kann sie in unseren Silben aufschreiben. Die hebräischen Zeichen kann ich noch nicht lesen.

Wie schwer war es, die Sprache zu lernen?

Masucci: Ich habe mit einem Trick gearbeitet: Die Texte wurden in englische Silben aufgeteilt, jedes Wort durch Bindestriche getrennt. In meinem Kopf musste ich das dann noch einmal ins Deutsche übertragen. Dieses doppelte Übersetzen war sehr anstrengend. Drei Monate vor Drehbeginn habe ich angefangen zu lernen - täglich mehrere Stunden mit einem Hebräisch-Coach. Anfangs wirkte jede neue Szene für mich unmöglich. Ich brauchte drei Tage, um eine Szene überhaupt lesen zu können. Dann noch mehrere Tage, um die Wörter richtig aussprechen und betonen zu können. Danach erst konnte ich anfangen, sie mir einzuprägen.

Der Dreh fand während des Kriegs in Israel statt. Wie haben Sie das erlebt?

Masucci: Es war teilweise surreal. Tagsüber ist man am Strand und surft, während über dem Land Raketen fliegen. Allein aus dem Libanon kamen täglich zwischen 30 und 60 Raketen. Die Warn-App schlug ständig Alarm. Meine Filmkollegen sagten: "Schalt das Ding aus. Das macht einen wahnsinnig. Du merkst schon, wenn die Rakete einschlägt." Eine Huthi-Drohne hat unweit meiner Wohnung ein Hochhaus getroffen. Der Iron Dome fängt das Allermeiste ab, was die Städte und Infrastruktur bedroht. Doch viele Raketen gehen ins offene Feld. Gegen die Terrorattentate, die regelmäßig stattfinden, hilft der Abwehrschirm allerdings nicht. Der Krieg ist in Israel einfach allgegenwärtig. Und das rückt bei einem selbst vieles zurecht. Man merkt, wie privilegiert wir in Europa leben - bislang jedenfalls.

Gab es besondere Sicherheitsmaßnahmen beim Dreh?

Masucci: Ja, wir hatten einen mobilen Bunker - auf einem Tieflader. Da passen 50 Leute rein. Er machte immer einen Riesenlärm, wenn der Kran ihn mitten in einer Szene neben dem Set abgesetzt hat. Irgendwer rief dann immer: "Macht mal kurz den Motor aus, wir drehen gerade." Sagen wir so, das waren etwas andere Arbeitsbedingungen als sonst.

Wir haben auch im Norden gedreht, nahe dem See Genezareth, unterhalb der Golanhöhen. Wenn man da ist, ist man froh, dass sie von den Israelis besetzt sind. Denn es ist schlimm genug, dass die Hisbollah-Raketen aus dem Libanon über die Berge geschossen werden. Man will nicht noch Terroristen auf den Bergen haben, die von da runterschießen.

Hatten Sie Angst um Ihr Leben?

Masucci: Nein. Wahrscheinlich, weil es für alle um mich herum normal war, im Kriegszustand zu leben. Und ich hatte keine Zeit für Angst: Ich war damit beschäftigt, in einer Sprache zu drehen, die ich zuvor nie gesprochen hatte. Außerdem hatte ich so ein naives Vertrauen, dass es schon gut ausgeht. Aber man spürt, wenn es gefährlich wird. Ich habe in Tel Aviv im 21. Stock gewohnt, die Schutzräume befanden sich in den Zwischengeschossen. Eines Morgens bei Sonnenaufgang gab es Luftalarm. Meine Freundin weckte mich, und wir wussten: Wir haben 90 Sekunden, um in den Schutzraum zu kommen. Aber: Was zieht man da an? Nimmt man den Laptop mit? Wasser? Wir wussten ja nicht, wie lange das dauert. Als wir dann endlich beim Bunker waren, kamen uns die Nachbarn in Pyjamas schon entgegen, auf dem Rückweg ins Bett. Man gewöhnt sich dran. Einmal saßen wir in einem Restaurant, als die Sirenen in der ganzen Stadt ertönten. Alle standen plötzlich auf, gingen ruhig, aber zügig runter in den nächsten Schutzraum. Da haben wir dann 15 Minuten verbracht, neue Leute kennengelernt, dann war der Alarm vorbei. Und man setzt sich wieder an seinen Tisch. So lebt man dort.

Wie ging es Ihnen dabei persönlich?

Masucci: Das Trauma, das dieses Land durchmacht, hat mich schon mitgenommen und geprägt. Ich war an der Grenze zu Gaza, habe die Orte des Massakers vom 7. Oktober besucht. Die Kibbuzim Kfar Azar, Nir Oz, Re'im. Wir haben die Bewohner gesprochen, deren Familienmitglieder und Nachbarn von der Hamas in ihren Häusern erschossen und verstümmelt wurden. Und die um die Geiseln bangen, die nach Gaza verschleppt wurden. Was mich sehr beeindruckt hat, war, dass sie immer wieder die Namen der Opfer und Geiseln sagten und genau erzählten, was ihnen wann geschehen ist. Es ist ein so kleines Land. Fast jeder kennt jeden. Zweimal war ich auf dem Gelände des Nova Festivals, bei dem mehr als 350 tanzende junge Menschen ermordet wurden. Bei einem der Besuche habe ich meine älteste Tochter mitgenommen. Sie war emotional überwältigt. Auf dem Gelände stehen als eine Art Gedenkstätte die Porträts der Opfer. In die Kamera lächelnde Menschen, deren Leben kaum angefangen hatte. Und im Hintergrund hörte man Maschinengewehre und Detonationen, Kampfhandlungen in Gaza. "Die armen Kinder", sagte unser Begleiter, dessen Schwester von der Hamas ermordet worden war. Er meinte die in Gaza.

Ist das die Ausnahme?

Masucci: Nein. Israel ist tief gespalten. Die ersten Opfer der Hamas am 7. Oktober waren ja die Linksliberalen, die Friedensaktivisten in den Kibbuzim. Ich war mit Hunderttausend Demonstranten unterwegs, die jeden Samstag nach Schabbat, seit über zwei Jahren, schon vor dem 7. Oktober, gegen die eigene Regierung demonstrieren. Gleichzeitig beten sie, dass ihre Kinder heil aus dem Armee-Einsatz zurückkommen. Sie lieben ihr Land, sehnen sich nach Frieden - auch mit den Palästinensern - haben aber vielfach die Hoffnung verloren, dass das je möglich sein wird. Was mich beeindruckt: Die Israelis feiern das Leben. Tel Aviv pulsiert, abends sind die Straßen voll. Selbst bei Raketenalarm. Jetzt erst recht, sagt man sich. Und am Strand wird noch auf den Wellen gesurft, wenn der Iron Dome Raketen abfängt.

Wie unterscheidet sich die Arbeit am Set in Israel von anderen Produktionen?

Masucci: Ich musste mich daran gewöhnen. Alles geschieht gleichzeitig. Die Arbeit ist chaotischer, schneller, improvisierter. Seit dem Terrorangriff der Hamas prägt die Verunsicherung das ganze Land - auch am Set ist das spürbar. Es herrscht permanente Aufregung. Die Menschen sind verletzlich, angespannt , traumatisiert. Der Verkehr ist hektisch. Bei meinem letzten Besuch sah ich sechs Unfälle auf der Autobahn vom Flughafen nach Tel Aviv rein. Das Erstaunliche dabei ist: Man bekommt mehr Angst, wenn man von außen draufschaut - wenn man Nachrichten liest oder sieht. Vor Ort läuft das Leben einfach weiter und der Dreh auch, nur intensiver und schneller.

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