Vor 26 Jahren starben John F. Kennedy Jr., seine Ehefrau und seine Schwägerin bei einem Flugzeugabsturz. Der Sohn des ermordeten US-Präsidenten saß selbst am Steuer der Maschine.

Es ist Samstag, der 17. Juli 1999, 14.42 Uhr deutscher Zeit, als die Eilmeldung der Nachrichtenagentur DPA über die Ticker läuft: "Eil !!!!! Flugzeug vermisst – Möglicherweise John Kennedy Jr. an Bord." Viele Informationen liegen zu dem Zeitpunkt noch nicht vor. Nur, dass die US-Küstenwache nach einem vermissten Privatflugzeug sucht, das am Vorabend auf der malerischen Insel Martha's Vineyard im US-Bundesstaat Massachusetts an der Atlantikküste hätte landen sollen – dort jedoch nie ankam.

Nach und nach verdichten sich die Hinweise, dass der 38-Jährige selbst am Steuer der Maschine saß. Mit ihm zusammen waren auch seine Ehefrau Carolyn Bessette-Kennedy, 33, und deren ein Jahr ältere Schwester Lauren an Bord. Das Ehepaar war auf dem Weg zur Hochzeit von Kennedys Cousine Rory in Hyannisport. In Martha's Vineyard wollten sie Carolyns Schwester absetzen und anschließend weiterfliegen.

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Das Flugzeug bleibt zunächst verschwunden. Nur ein Koffer wird wenig später an der Südküste der Ferieninsel angeschwemmt – auf dem Gepäckanhänger steht der Name Lauren Bessette. Kurz darauf werden auch Trümmerteile im Atlantik entdeckt. Doch erst am späten Abend des 20. Juli, um 23.30 Uhr Ortszeit, finden Taucher das Wrack in 35 Meter Tiefe – knapp zwölf Kilometer südwestlich der Insel. Die schlechte Sicht auf dem Meeresboden erschwert die Arbeit der Rettungskräfte. Wegen der eisigen Kälte und der starken Strömungen können die Taucher nur jeweils 15 Minuten im Einsatz sein. Schließlich finden sie die Leichen der drei Insassen – noch angeschnallt in ihren Sitzen, Kennedy noch im Cockpit.

John F. Kennedy Jr. darf nur auf Sicht fliegen 

Den Flieger, eine einmotorige Piper Saratoga, hat John F. Kennedy Jr., Sohn des ermordeten ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy und von dessen Ehefrau Jacqueline "Jackie" Kennedy Onassis, erst vor zweieinhalb Monaten gekauft. Sie befindet sich in einem technisch einwandfreien Zustand und wurde vier Wochen zuvor gewartet.

Kennedy besitzt erst seit dem 22. April 1998 eine Privatpilotenlizenz. Eine Berechtigung zum Instrumentenflug hat er nicht, weshalb er ausschließlich nach Sichtflugregeln fliegen darf. Die Wetterbedingungen sind beim Abflug zwar gut, aber das soll sich schnell ändern. 

Bis zum Zeitpunkt des Unfalls hat Kennedy circa 310 Flugstunden absolviert, davon 55 Stunden bei Nacht. Trotzdem hat er relativ wenig Erfahrung: Ohne Fluglehrer war er nur etwa 72 Stunden unterwegs, wie die Transportsicherheitsbehörde National Transportation Safety Board (NTSB), später schätzt. Die Strecke zwischen dem Essex County Airport und Martha's Vineyard ist ihm jedoch vertraut. In den vorangegangenen 15 Monaten ist er sie 35 Mal geflogen – 17 Mal davon ohne Fluglehrer und mindestens fünfmal nachts.

Als Kennedy an jenem Abend vor dem Flug gegen 18 Uhr seine Schwägerin Lauren von deren Arbeitsplatz im New Yorker Stadtbezirk Manhattan abholt, um mit ihr zum Flughafen zu fahren, ist er angespannt. Sein Polit-Magazin "George" steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Auch seine Ehe mit Carolyn Bessette, einer ehemaligen PR-Agentin, scheint am Ende. 

Mit einer solchen Maschine des Typs Piper Saratoga stürzten John F. Kennedy Jr., seine Ehefrau Carolyn und deren Schwester Lauren Bessette in den Tod © Ron Galella / Getty Images

Kennedy lebt seit einem Streit vor einigen Tagen vorübergehend in einem Hotel. Am Abend zuvor soll seine Schwägerin das Paar zu einer Aussprache bewegt haben. Lauren ist als Vermittlerin anwesend. Carolyn will wegen der Ehekrise zunächst nicht mitfliegen, doch Lauren kann sie umstimmen. Da Carolyn tagsüber noch Besorgungen machen muss, verabreden sich die beiden am nächsten Tag direkt am Flughafen.

Während Kennedy im Cockpit Platz nimmt, machen es sich Carolyn und Lauren auf den hinteren Sitzen gemütlich. Im Normalfall beträgt die Flugdauer anderthalb Stunden. Eigentlich war der Start für 18 Uhr geplant, doch der an diesem schwülheißen Freitag ungewöhnlich dichte Feierabendverkehr verzögert die Ankunft am Flughafen um rund eine Stunde. Zudem hat sich Kennedy sechs Wochen zuvor den linken Knöchel gebrochen und ist auf Krücken angewiesen. Es dauert also, bis das Gepäck verstaut und das Flugzeug startklar ist. Der Tower vom Essex County Airport in Caldwell, New Jersey, erteilt ihm um 20.38 Uhr die Startfreigabe. Zu diesem Zeitpunkt dämmert es bereits. 

Kontrollverlust, aber kein Notruf

Kurz nach dem Start dreht Kennedy in nordöstliche Richtung und folgt der Küstenlinie von Connecticut. Er entscheidet sich für die schnellere Route über den Meeresarm Long Island Sound und dann direkt über das offene Wasser in Richtung Martha's Vineyard. Die Flughöhe variiert zunächst zwischen 1200 (365 Meter) und 1900 Fuß (579 Meter), bevor er auf eine Reiseflughöhe von 5500 Fuß (1676 Meter) steigt.

Gegen 21.33 Uhr beginnt er mit dem Sinkflug der Piper PA-32R-301 Saratoga II. Etwa fünf Minuten später befindet sich das Flugzeug auf nur noch 2100 Fuß (640 Meter) Höhe – nun über dem offenen Atlantik und außer Sichtweite beleuchteter Gebäude. Es ist diesig. Andere Piloten, die an jenem Abend dieselbe Strecke fliegen, berichten später, dass sie keine Horizontlinie erkennen konnten und über dem Wasser starker Dunst lag. Kennedy hat zudem – so zeigen es spätere Untersuchungen – auf beiden Funkgeräten die falschen Frequenzen eingestellt – er kann keine aktuellen Wetterdaten empfangen.

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In einer ungewöhnlich langen Rechtskurve nehmen Flug- und Sinkgeschwindigkeit der Piper Saratoga plötzlich rapide zu. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass er seine räumliche Wahrnehmung verloren hat. Besonders über Wasser, bei Dunst und ohne sichtbare Referenzpunkte kann das Gleichgewichtsorgan im Innenohr falsche Signale senden – der Pilot glaubt, geradeaus zu fliegen, obwohl das Flugzeug in eine Kurve gerät. Den letzten Radarkontakt gibt es um 21.40 Uhr: Das Flugzeug sinkt mit über 4700 Fuß (1432 Meter) pro Minute auf nur noch 1100 Fuß (335 Meter). Die Instrumente zeigen eine Rechtsneigung von 125 Grad und eine Nase nach unten um 30 Grad.

Ein Abschiedsgruß vor dem Appartement von John F. Kennedy Jr. und seiner Frau Carolyn Bessette-Kennedy. Carolyns Schwester Lauren war zum Zeitpunkt des Unglücks 34 Jahre alt. © HOLBROOKE/SIPA / Action Press

Kennedy ist offenbar in einen spiralförmigen Sturzflug geraten. Die Piper schlägt mit rund 86 km/h auf dem Wasser auf – mit der rechten Tragfläche zuerst. Da er keinen Notruf absetzt und der Motor bis zuletzt mit voller Leistung läuft, gehen die Behörden davon aus, dass er in eine sogenannte "Graveyard Spiral" geraten ist. Eine unkontrollierte Abwärtsspirale, bei der der Pilot das Gefühl hat, geradeaus zu fliegen, tatsächlich aber immer steiler sinkt. Der Aufprall der Maschine ist so heftig, dass alle drei Insassen sofort tot sind.

Pilotenfehler als offizielle Unfallursache

Ein Jahr nach dem Absturz kommen Ermittler auch in ihrem offiziellen Abschlussbericht zu der Erkenntnis, dass die Ursache ein Pilotenfehler war. Es heißt, Kennedy habe die "räumliche Orientierung" verloren. Deshalb sei er nicht in der Lage gewesen, während des Absinkens der Maschine die Kontrolle zu behalten. Ein technischer Defekt wird ausgeschlossen.

Die Leichen von John F. Kennedy Jr., Carolyn Bessette-Kennedy und Lauren Bessette werden einen Tag nach der Bergung eingeäschert und in einer privaten Zeremonie auf See bestattet. Zwei Navy-Kapläne und ein katholischer Priester sind anwesend, als Familienmitglieder auf dem US-Zerstörer "USS Briscoe" die Asche der Verstorbenen in der Nähe der Absturzstelle verstreuen.

Familienmitglieder der Kennedys (vorne Maria Shriver, Nichte von John F. Kennedy) bei der Seebestattung  © Ruben W. Perez / Imago Images

Zur privaten Trauerfeier am 23. Juli in der St.-Thomas-More-Kirche in Manhattan ist nur ein kleiner Kreis geladen. Unter den Trauergästen sind auch der damalige US-Präsident Bill Clinton, First Lady Hillary und Tochter Chelsea. Wyclef Jean singt die Reggae-Hymne "Many Rivers to Cross". Lauren wird einen Tag später in einer separaten Gedenkfeier in Greenwich, Connecticut, verabschiedet. Ihre Eltern wollen nicht, dass sie im Medienwirbel um die Kennedys in Vergessenheit gerät.

Quellen: Offizieller Unfallbericht, AOPA, Aviation Safety Magazine, "Los Angeles Times", CBS News, Foxnews, mit Material von DPA

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