"Die nackte Kanone" lässt die Hose runter
Wer "Die nackte Kanone" nicht kennt, hat die 80er verpennt. Mit absurdem Anarcho-Humor strapazieren der Film und seine beiden Sequels vor über 30 Jahren Millionen Lachmuskeln weltweit. Nun kehrt Chaos-Cop Frank Drebin zurück. Eine gute Idee?
"Ich habe gehört, dass Polizeiarbeit sehr gefährlich sein kann."
"Das ist sie, darum habe ich eine große Kanone."
"Haben Sie keine Angst, dass sie mal versehentlich losgehen könnte?"
"Früher hatte ich mal das Problem."
"Und was haben Sie dagegen getan?"
"Ich denke einfach an Baseball."
Wenn Sie diese Sätze nicht mitsprechen können und/oder sich dabei nicht wenigstens ein Schmunzeln abringen, gibt es eigentlich nur drei Möglichkeiten: Sie waren 1988 noch nicht geboren oder ein Kind. Ihr Humor fängt erst oberhalb der Gürtellinie an. Oder Sie haben das Ende der 80er hinter dem Mond verbracht. Denn eines ist klar: An "Die nackte Kanone" kam seinerzeit niemand wirklich vorbei.
Im Zentrum des Geschehens: Lieutenant Frank Drebin, Spezialeinheit. Genau genommen: Spezielle Spezialeinheit der Spezialpolizei von Los Angeles. Erstmals von der Leine gelassen wurde er sogar schon 1982 in der sechsteiligen Comedy-Serie "Police Squad!", hierzulande als "Die nackte Pistole" bekannt. Doch erst die Filmreihe, die mit "Die nackte Kanone" 1988 ihren Ausgang nahm, bevor mit "Die nackte Kanone 2 1/2" und "Die nackte Kanone 33 1/3" 1991 und 1994 noch zwei Fortsetzungen folgten, zementierte den Kultstatus des Chaos-Cops.
Nielsens Darstellung ist zeitlos
Und den von Leslie Nielsen. Fast 30 Jahre lang war der kanadische Schauspieler zuvor bereits als Nebendarsteller durch Serien wie "Bonanza", "Columbo" oder "Die Straßen von San Francisco" getingelt, ehe er sich sein eigenes Denkmal mit einer Blödel-Darbietung setzen sollte. Ausgerechnet, aber auch völlig zurecht. Wie stoisch, ohne eine Miene zu verziehen und dennoch voller Ironie er den diensthabenden Deppen mimt, ist brillant. Auch heute noch. Nielsens Darstellung des Frank Drebin ist zeitlos komisch.
Aber gilt das auch für das Schenkelklopfer-Trommelfeuer, das im Originalfilm und den nicht mehr ganz an ihn heranreichenden Sequels abgefeuert wurde? Jein. Jedenfalls könnte man den einen oder anderen Scherz, der seinerzeit Millionen Lachmuskeln weltweit strapazierte, heute wohl nicht mehr unwidersprochen so machen. Der absurd-anarchische Humor funktionierte jedoch nur (ähnlich wie bei Monty Python), indem er sich vulgär, geschmacklos, sexistisch, respektlos und politisch unkorrekt von solchen Zwängen frei machte.
Das jedoch in alle Richtungen. Da werden Despoten der damaligen Zeit ebenso aufs Korn genommen wie die Queen oder die amerikanische Nationalhymne. Und als Drebin gerade im Begriff ist, seiner neuen Flamme Jane Spencer (Priscilla Presley) den Laufpass zu geben, erklärt er: "Ach übrigens, den Orgasmus habe ich vorgetäuscht."
Der wiederbelebte Slapstick
Verantwortlich für Sätze wie diesen zeichnete ein Filmemacher-Trio, das unter dem Kürzel ZAZ in die Hollywood-Annalen eingegangen ist. Dahinter verbargen sich Jim Abrahams sowie die Brüder Jerry und David Zucker, auf die auch Streifen wie "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" (1980, ebenfalls bereits mit Leslie Nielsen) oder "Top Secret!" (1984) zurückgehen. Neben dem Sprachwitz hauchten sie jedoch vor allem dem guten alten Slapstick ein völlig neues Leben ein, hinter dem sich andere 80er-Comedy-Reihen wie "Police Academy" oder "Beverly Hills Cop" getrost verstecken können.
Angesichts des Erfolgs der "Die nackte Kanone"-Trilogie ist es eigentlich erstaunlich, dass Hollywood in seinem Remake- und Reboot-Wahn nicht längst darauf gekommen ist, das Franchise wiederzubeleben. Natürlich nicht mit Nielsen, er ist seit 2010 tot. Auch George Kennedy, der in Form von Captain Ed Hocken Drebins Vorgesetzten und Counterpart spielte, lebt seit 2016 nicht mehr. Nun aber, mehr als 30 Jahre nachdem die Platte mit "33 1/3" ein letztes Mal aufgelegt wurde, kommt sie doch noch einmal auf den Teller.
Dass Liam Neeson nicht wegen der Ähnlichkeit seines Namens und der gleichen Initialen wie Leslie Nielsen für die Rolle des Frank Drebin Jr. gecastet wurde, darf wohl mit Fug und Recht angenommen werden. Vielmehr probierte sich der Star aus "Schindlers Liste"(1993) in Filmen wie "High Spirits" (1988), "Der Schein-Heilige" (1992) und "Ein Herz und eine Kanone" (2000) oder einer Serie wie "Life's Too Short" (2011-2013) auch schon früher im komödiantischen Fach aus. Als Ed Hocken Jr. wurde ihm Paul Walter Hauser zur Seite gestellt, während Pamela Anderson in die Fußstapfen von Priscilla Presley treten darf - nicht etwa als Jane Spencer Jr., sondern als Beth Davenport.
Mal eben kurz die Welt retten
Für den Junior des sagenumwobenen Polizei- Lieutenants geht es um nichts Geringeres, als die Welt zu retten. Schließlich hat sich der Schurke Richard Cane (Danny Huston) vorgenommen, die Menschheit aufeinanderzuhetzen, während er und ein paar Getreue die Apokalypse in einem Bunker aussitzen, um danach eine neue Weltordnung zu etablieren. Doch auch ein brutaler Banküberfall und ein Verbrechen, auf dessen Spur ihn die mysteriöse Femme Fatale Beth Davenport bringt, bereiten Frank Drebin Jr. Kopfzerbrechen. Hängt womöglich alles mit allem zusammen?
Auf dem Weg, das herauszufinden, stiftet der Cop natürlich jede Menge Chaos. Um den drohenden Weltuntergang abzuwenden, lässt er schon auch mal die Hose runter, verschafft sich mit Waffengewalt Toilettenzugang oder bekommt von Madame Davenport die Röhre geputzt. Mit anderen Worten: "Die nackte Kanone" versucht 2025 da anzuknüpfen, wo vor 31 Jahren aufgehört wurde. Dennoch vermag das Gag-Feuerwerk nicht so richtig zu zünden.
Dafür gehen Regisseur Akiva Schaffer und sein Ensemble zu unentschlossen vor. Klar, gibt es gelungene Slapstick-Momente. Klar, verfängt so mancher Spruch. Klar, dürfen sich Fans der Filmreihe über einige Easter Eggs freuen, darunter der notorische Auftritt von Komiker Weird Al Yankovic. Und klar, wird es auch mal etwas geistreicher, wenn etwa Rassismus sarkastisch thematisiert wird oder Detective Nordberg Jr. (Moses Jones) sich weigert, seinem Vater Respekt zu zollen - er wurde seinerzeit von Ex-Football-Star O.J. Simpson gespielt, der später des Mordes verdächtigt und wegen eines Raubüberfalls mit Geiselnahme zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt wurde.
Vernichtender Vergleich
Doch obwohl der Film lediglich rasante 85 Minuten dauert, wirkt es, als käme er auf der Humorschiene nur mit angezogener Handbremse voran, insbesondere wenn es um die Dialoge geht. Denn derart über die Stränge zu schlagen wie seine Vorläufer, traut er sich eben nicht.
David Zucker, der einst bei "Die nackte Kanone" und "Die nackte Kanone 2 1/2" Regie geführt hatte, in das Reboot aber nach eigener Aussage in keiner Weise einbezogen wurde, erklärte, er werde sich den Film auf keinen Fall anschauen. Er bereue bereits, den Trailer geguckt zu haben, giftete er - mit einem drastischen Vergleich: "Es ist, wie '2 Girls, 1 Cup' anzusehen. Ich bekomme es nicht mehr aus dem Kopf."
"2 Girls, 1 Cup" ist ein brasilianischer Porno aus dem Jahr 2007, in dem es sich um Kot, Urin und Erbrochenes dreht und dem der Ruf vorauseilt, eines der übelsten Machwerke der Sexfilm-Industrie überhaupt zu sein. Nein, dieses vernichtende Urteil Zuckers wird der Rückkehr von "Die nackte Kanone" nun auch nicht gerecht. Zum Kotzen ist der Film beileibe nicht, aber auch die Ekstase bleibt leider aus.
"Die nackte Kanone" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.
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