Dämonenjäger, Kampfroboter oder schatzsuchende Möchtegernpiraten: Die schrillen Comic- und Trickfilmserien aus Japan sind längst Teil der globalen Populärkultur. Mit T-Shirts, Spielkarten, Pokémon-Pyjamas generieren sie Umsätze im Milliardenbereich.

Legende: Anime sprengt Grenzen: Menschen aus Europa können sich also genauso einfach mit der Anime-Welt identifizieren wie Menschen aus Südamerika. Wie hier in Uruguay. Getty/Carlos Lebrato/Anadolu Agency

Was auffällt: Nicht nur Kinder und Jugendliche sind begeistert von der Anime-Kultur, sondern auch immer mehr Erwachsene. Laut Statistiken liegt das Durchschnittsalter der Fans bei etwa 25 Jahren – deutlich höher, als man vielleicht annehmen würde.

Geschichten ohne Grenzen

Gründe für die jährlich wachsende Popularität gibt es viele. Einer sticht heraus: Identifikation. «Die unglaubliche Vielfalt an Genres und Themen sprechen ein grosses Publikum an», erklärt Anime-Experte Malte Frey. Er doktoriert an der Kunstakademie Münster zu dem Thema. Kommt hinzu, dass «Anime eine staatenlose Qualität haben können. Im Gegensatz zu Realfilmen und -Serien, die durch Drehort, Sprache und bestimmte Personen meist spezifisch verortet werden können, lassen Anime Anknüpfungspunkte für die ganze Welt zu.» 

Japanische Trickfilme waren schon in den 1970er und -80er-Jahren im Ausland populär. Im deutschen TV liefen «Captain Future», «Heidi» oder «Mila Superstar». Raumschiffe, heile Bergwelt, Volleyball – das traute man westlichen Kindern und Jugendlichen zu.

Stereotypen, die die allgemeine Vorstellung von Anime bei uns bis heute prägen: «Anime wird leider oft nur als Popkultur, als seichte Unterhaltung ohne Gehalt wahrgenommen. Ich bin es gewohnt, dafür zu argumentieren, dass Anime viel mehr sein darf und auch ist», sagt Frey.

Denn zur selben Zeit schienen in Japan der inhaltlichen Kreativität keine Grenzen gesetzt: Umweltzerstörung («Nausicaä aus dem Tal der Winde»), weinende Auftragskiller («Crying Freeman») oder Musik als Waffe («Macross») waren Themen erfolgreicher Serien in den 1980er-Jahren. Via VHS, DVD und später Filesharing fanden die Geschichten schon bald auch im Westen ein begeistertes Nischenpublikum. Heute erreichen sie dank Streaminganbieter wie Crunchyroll oder Netflix die Massen.

Brotback-Animes

Aber wie vielfältig oder verrückt sind Animes wirklich? Ein Brotback-Anime? Gibt es – mit «Yakitate!! Japan». Eine alternative Welt, in der Panzerfahren ein beliebter Frauensport ist? Gestatten: «Girls und Panzer». Ein Waisenhaus, das eigentlich eine Zuchtfarm für Menschenfleisch ist? «Promised Neverland».

Die Geschichten sind nicht alle gut. Aber die Innovationskraft und der Mut zu Neuem ist spürbar. «Ausserdem befassen sich viele Animes mit sehr philosophischen Fragestellungen: Wie sieht eine Gesellschaft aus, wenn Technologie herrscht? Welche Rolle kann Pazifismus spielen? Was bedeutet Menschsein?», erklärt Malte Frey.

Legende: Nach anfänglicher Zurückhaltung stieg Netflix erst spät in den Anime-Hype ein. Eigenproduktionen wie «Blue Eye Samurai» zeigen, wie ernst das Unternehmen das Genre inzwischen nimmt. Netflix

Diese Kreativität weiss auch Hollywood zu schätzen. «Viele Hollywood-Filme sind tatsächlich von Animes inspiriert. ‹Black Swan›, ‹The Matrix›, ‹Inception› – um nur einige zu nennen», so Frey. Was viele nicht wissen: Disneys Welterfolg «Der König der Löwen» hat verblüffende Ähnlichkeiten mit einer Anime-Serie aus den 1960er-Jahren. Dort heisst der kleine Löwe nicht «Simba», sondern «Kimba».

Heute braucht es wohl kein Hollywood mehr, um die Anime-Ideen im Westen zu verkaufen. Die Menschen schauen mindestens so gerne Animes – wie die Streamingzahlen zeigen.

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