Nine Inch Nails in Zürich: Erbarmungslos gut
Konfetti-Kanonen oder LED-Armbändchen sind inzwischen Standard im Repertoire grosser Live-Shows. Nichts davon gab es am Donnerstag im Hallenstadion beim Konzert der Nine Inch Nails. Die Industrial-Pioniere lieferten ein Spektakel für Ohr und Auge ganz ohne Firlefanz. Mit umwerfenden Sounds und Bildprojektionen, die direkt vom Kameramann vor Ort auf die Leinwände flackerten.
Wut, Hass, Verzweiflung
Die Befürchtung, ob der mittlerweile 60-jährige Frontmann Trent Reznor seine radikalen Songs aus einer früheren Lebensphase noch überzeugend transportieren kann, zerschlägt sich mit den ersten Takten. Er kann es. Reznor wirkt entrückt, in sich gekehrt. Als erinnere er sich an seine frühe Karriere, die nebst bahnbrechender Musik auch aus viel Wut, Hass und Verzweiflung bestand.

Nine Inch Nails, das sind 23 cm lange Nägel. Und es ist seit über 35 Jahren ein Synonym für das Lebenswerk des Amerikaners Trent Reznor. Anfang der 90er katapultierte sich dieser mit einem Mix aus elektronischer Rockmusik, Drogen und Nihilismus beinahe ins Jenseits. Mitten in dieser grossen Selbstzerstörungsphase schaffte er das Kunststück, zwei richtungsweisende Werke zu veröffentlichen. «The Downward Spiral» und «The Fragile». Mit Songs, so vielschichtig, dunkel und intensiv, dass sogar der grosse Johnny Cash kurz vor seinem Tod eines von Reznors Lieder aufnahm (Hurt).
Trent Reznors Parallelkarriere
Trent Reznor führt aber auch eine Parallelkarriere. Er komponiert Soundtracks für Serien und Spielfilme und tut dies so innovativ, dass seine Band in den vergangenen Jahren immer mehr in den Hintergrund gerückt ist. Das soll die aktuelle Tour ändern. Reznor hat wieder Bock auf NIN. Mit einer umwerfenden Begleitband. Beinhart und erbarmungslos. Schlagzeuger Ilan Rubin gleicht einer Naturgewalt. Der Sound ist glasklar und Reznors Stimme hat nichts von ihrer Melancholie eingebüsst.

Ein Highlight des Abends: «Every Day is exactly the Same». Die Message des Songs, dass sich jeder Tag gleicht, widerlegt die Band gleich selbst. Die Setlist unterscheidet sich komplett von anderen Konzerten dieser Tournee. Mal fühlt man sich in einen uralten Berliner Technoclub versetzt, dann wieder an einem Thrash Metal Konzert. Das Publikum, uniform in schwarz gewandet, wartet auf Hits wie «Closer» oder «The Hand That Feeds», bekommt sie nicht und ist trotzdem überwältigt. «Head Like a Hole“ ist so aufregend und brutal, als würde es 1990 in einem Industrial-Club in Ohio gespielt. Und obwohl jeder weiss, dass die Nacht mit «Hurt» endet, verliert der Song nichts von seiner Emotionalität. Die Halle ist vereint, hingerissen und völlig versunken.
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