Die Wahrheit liegt neben dem Platz
Nach dem "Tatort" verabschiedet sich jetzt auch der "Polizeiruf" in die Sommerpause. An der deutsch-polnischen Grenze ermitteln Ross und Luschke im "Spiel gegen den Ball" - eine mörderisches Drama zwischen Fußball-EM und Emotionen.
Was passiert?
Auf dem Werkshof einer Küstriner Gerüstbaufirma wird die übel zugerichtete Leiche der Geschäftsführerin, Olivia Briegel, gefunden. Eine deutsche Tote auf polnischem Staatsgebiet, das ist schon von der Ausgangssituation her juristisch pikant. Für Vincent Ross (André Kaczmarczyk) und Alexandra Luschke (Gisa Flake), das Brandenburger Tandem, erweist sich auch das Umfeld der Ermordeten als ermittlungstechnisch anspruchsvoll. In der Firma gehen Patryk Dobosz (Albert Tallski) und Kollege Jakub Sobinski (Adrian Topol) einander an die Gurgel, der eine beschuldigt den anderen, die Chefin auf dem Gewissen zu haben. Das Motiv: die angestrebte Geschäftsübernahme.
Noch etwas undurchsichtiger wird es nebenan, beim ortsansässigen Fußballverein, dem Briegel als Präsidentin vorstand. Wenig Ahnung, viel Einfluss, so der allgemeine Tenor, sehr dominant sei sie gewiesen, besonders gegenüber ihrem kickenden Sohn Marco (Len Blankenberg). Der Junge ist verstört, eine Sozialarbeiterin soll sich um ihn kümmern, während Luschke versucht, ihm die eine oder andere Information zu entlocken. Und dann sind da noch Marcos Fußballkumpel, Robert (Lauri Kröck) und Kevin (Franz Ferdinand Krause), die mit ihm den Traum vom Fußballprofi träumen - und doch leise ahnen, dass es damit schwierig werden könnte.
Worum geht's wirklich?
Es ist ein vielschichtiges Themengeflecht, das hier den Background der Geschichte bildet. Toxische Beziehungen, seelische Narben, das alles im Kontext des Amateurfußballs. Regisseur Christian Werner: "In unserem Dorf gab es ein Kinderheim mit sogenannten schwer erziehbaren Jugendlichen aus Berlin. Eigentlich waren es Kinder von überforderten Eltern, die sie einfach nach Thüringen abgeschoben haben. Nach der Wende hat man beschlossen, die Jugendlichen in die Realschule meines Dorfes zu integrieren. Hier trafen dann wir 'Dorfis' auf die Großstadtjungs. Das brachte heftige Konflikte mit sich, doch beim Fußball mussten wir in einer Mannschaft miteinander spielen. Einige Monate später war aus unserer sehr inhomogenen Truppe eine der besten Jugendmannschaften der Liga geworden. Zum Teil entstanden Freundschaften, in der Schule vertrugen wir uns auch besser. Das finde ich ein gelungenes Beispiel für Integration."
Wegzapp-Moment?
Im letzten "Polizeiruf 110" vor der Sommerpause wegzappen? Soweit kommt es noch. Im Ernst: "Spiel gegen den Ball", aus der Feder von Michael Fetter Nathansky, Daniel Bickermann und Christian Werner, der zudem auch Regie führte, hat einen unterschwellig spannenden Flow, dem man sich von Beginn an kaum entziehen kann. Auch wer es nicht so mit dem Kick auf grünem Rasen hält, sollte am Ball bleiben.
… Wow-Faktor!
Durchaus hoch, gerade weil die zwischenmenschlichen Baustellen, die kleinen und die großen, hier nicht vollends auserklärt und mit Botschafts-Ballast erschwert werden. Das Drama ergibt sich aus dem erzählerischen Flow, das jugendliche Kicker-Trio spielt beeindruckend gutm und was für eine Wohltat es ist, einem Ermittler-Duo zuzuschauen, dass sich bei aller Schwere des Falles mal nicht in ironischem Gezanke verhakt.
Wie war's?
9 von 10 Punkten - atmosphärisch dicht, ein großartiger Cast, packend bis zum Schluss.
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