Darstellerin und Psychologin: die Doppelrolle der Rahel Hubacher
Es ist eine Premiere der anderen Art: Das Zürcher Schauspielhaus setzt in einem Pilotprojekt neu auf eine Ensemble-Psychologin. Die Stelle wird Rahel Hubacher besetzen, sie ist nicht nur Schauspielerin, sondern auch ausgebildete Psychologin. Ihre Aufgabe ist es, die Schauspielerinnen und Schauspieler zu begleiten und mögliche Konflikte bereits im Vorfeld zu lösen. Denn die Zürcher Kulturinstitution setzt in ihren Produktionen bewusst auf starke, unterschiedliche Persönlichkeiten auf der Bühne.
SRF News: Rahel Hubacher, wie muss man sich diese Stelle als Ensemble-Psychologin vorstellen?
Rahel Hubacher: Es ist eine neugeschaffene Rolle. Sie ist aus dem Wunsch entstanden, der Gesundheit und dem kreativen Potenzial des Ensembles Sorge zu tragen.
Hat man bisher der Gesundheit der Schauspieler keine Sorge getragen? Oder anders gefragt: Was ist nun anders?
Wir haben mit dieser Stelle ein Zeichen gesetzt, dass es im Haus jemanden gibt, der die Verantwortung mitträgt. Dafür hat das Schauspielhaus die Weichen gestellt.

Wie wurden die Weichen gestellt?
Wir wollen zum Beispiel nach jeder Produktion eine kleine «Rückschau» machen. Das gibt uns die Möglichkeit, zu reflektieren und Dinge für kommende Abläufe festzuhalten. Zudem gibt es im Haus einen geschützten Raum für vertrauensvolle Gespräche, um Herausforderungen zu begegnen, bevor sie zu Belastungssituationen werden.
Warum ist eine solche Stelle neu in der Theaterbranche?
Wir haben hier einen Rückstand gegenüber anderen Berufsfeldern. Da ist es bereits normal, dass es eine innerbetriebliche, psychologische Begleitung gibt. Die neue Schauspielhaus-Intendanz ist nun die erste, die es in die Theater-Organisation implementiert.

Was sind ganz konkret Ihre Aufgaben?
Ich muss im Alltag sehr präsent sein und alle Anregungen sammeln, die das Ensemble betreffen. So können Veränderungen, die geschehen müssen, angeregt werden.
Welche Probleme können denn in einem Ensemble auftauchen?
Es sind häufig ganz praktische Probleme wie in jedem anderen Beruf auch. Das können zum Beispiel Proben sein, die sich überschneiden und man ist innerlich zerrissen, wo man seine Energie hereingeben muss oder kann.
Es sind häufig ganz praktische Probleme wie in jedem anderen Beruf auch.
Wir können uns ja nicht aufspalten und hier kann man gut nach Entflechtungen, nach «Entzerrungen» suchen.
Sie sind nicht nur die Psychologin des Ensembles, sie sind als Schauspielerin auch auf der Bühne. Wo sehen Sie die Herausforderung dieser Doppelrolle?
Man kann sich die grösste Herausforderung vielleicht so vorstellen: Man arbeitet in einer Grossraumküche, in einer stressigen Atmosphäre. Das Öl spritzt. Um Probleme rasch zu erkennen, ist es ein Vorteil, nahe am Geschehen zu sein. Zum Beispiel zu erkennen, dass es einen speziellen Schutz braucht, damit das Öl nicht spritzt. Die Herausforderung ist es, nicht in eine subjektive Perspektive zu verfallen. Ich muss mich abstrahieren können.

Was machen Sie in Momenten, in denen Sie selbst Ärger mit Ihren Kollegen haben?
Diese Situation macht mir keine Angst. Ich habe in der Ausbildung erfahren, was es bedeutet, kurz durchzuatmen. Da geht es genau darum, sich zu abstrahieren. Und darum, einen Gedanken dazwischenzuschieben und sich zu fragen: Was passiert hier genau? Warum irritiert mich das? Und meistens ist dann auch schon wieder gut.
Das Gespräch führte Nina Thöny.
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