Als Alanis Morissette den Männern die Leviten las
«Ist sie pervers wie ich? Bläst sie dir auch einen im Theater?» Mit dieser Zeile aus der ersten Hitsingle von Alanis Morissettes phänomenal erfolgreichem Album «Jagged Little Pill» deutete die damals 21-Jährige unmissverständlich an, wohin die Reise geht und an wen sie ihre Musik in erster Linie adressiert: Junge Frauen und toxische Männer.

Den Ausdruck «toxisch» kannte man in Bezug auf Beziehungen zwar noch nicht. Trotzdem ist die Ähnlichkeit, wie Taylor Swift oder Billie Eilish heute in ihren Songs mit Ex-Lovern abrechnen, frappant zu den Texten von Morissette aus dem Jahr 1995.
Im Song «You Oughta Know» erzählt sie von einem Mann, der sie verletzt hat. Sie ist wütend und beschönigt ihre komplizierten Gefühle nicht. Der Song bestimmte den Ton des Albums. Eine Mischung aus weiblicher Selbstbestimmung und unverhohlener Wut, die einige Jahre vorher schon von verschiedenen Riot-Girl-Bands thematisiert wurde, aber nie in dieser Breite und kommerziellen Wucht.
Ist sie pervers wie ich? Bläst sie dir auch einen im Theater?
Diese Ehrlichkeit, diese trotzige Verletztheit packte Alanis Morissette in geschmeidige Rocksongs. Eine Sprache, die auf der ganzen Welt verstanden wurde. Sie schuf eine Stimmung, eine Haltung, die eine Ära prägte. Ihre Themenpalette war vielschichtig und persönlich. Die Songs handelten von psychischen Erkrankungen, Co-Abhängigkeit, Patriarchat, Freundschaft, Eigenliebe, Erwartungsdruck bis zur Scheidung der Eltern.
Sie besang sowohl die Einfachheit als auch die Komplexität des Lebens einer jungen Frau der Generation X in Nordamerika.
Diese trotzige Verletztheit verpackte Morissette in geschmeidige Rocksongs.
Das internationale Debut von Morissette erschien kurz nachdem Grunge mit Nirvana & Co. die Musikwelt in Atem hielt. Morisettes Sound war «grunge light». Musikalisch breitenwirksam umgesetzt mit Hilfe von Musikern von den Red Hot Chili Peppers und dem späteren Schlagzeuger der Foo Fighters, Taylor Hawkins.

Im Zentrum aber stand eine junge Frau, die stark war, intelligent, unabhängig, wütend und schön. Gesegnet mit einem aussergewöhnlichen Talent, ihre Gefühle, Ängste, Freuden und Nöte in kleine Hymnen zu packen.
«Hand in my pocket», «All I really want», «Ironic», «Head over Feet», «You learn» - gleich ein halbes Dutzend Songs aus dem Erfolgsalbum rotierten während Jahren auf MTV und im Radio. Alanis gewann damit gleich fünf Grammys, darunter einen für das beste Album des Jahres. Nicht schlecht für eine Künstlerin, die von allen grossen Plattenfirmen abgelehnt wurde. Bis Madonna sie für ihr kurz zuvor gegründetes Label Maverick Records unter Vertrag nahm.
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