Ohne das 1955 vorgestellte Volksauto Fiat 600 hätte es den erst zwei Jahre später vorgestellten Cityflitzer Fiat 500 vielleicht gar nicht gegeben. Und dennoch gelang es dem sogar in Deutschland und in Südeuropa und Südamerika millionenfach in Lizenz gebauten Fiat 600 nie, aus dem Schatten seines kleinen Bruders herauszufahren.

Da nützt auch kein kecker "Augenaufschlag", wie ihn heute der elektrifizierte Fiat 600 als moderner Erbe des knuffigen, 3,29 Meter kurzen Heckmotor-Seicento aus der Nachkriegs-Wirtschaftswunder-Ära bemüht: Der noch kleinere Cinquecento fängt mehr Sympathien ein. Ganz am Anfang war das noch anders: "Fiat Seicento, primo amore!", titelten vor 70 Jahren die giornali und Magazine über die Liebe der Italiener zu ihrem ersten bezahlbaren, viersitzigen Familienauto, dessen Frontdesign das Kindchenschema des Nuova 500 vorwegnahm.

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Hatte der kultige 500 Topolino aus Vorkriegszeiten die Volksmotorisierung in Italien eingeleitet, avancierte nun der modern gezeichnete Fiat 600 zum ersten Millionenerfolg des Turiner Kleinwagenspezialisten. "Er ist klein, er kostet wenig, er verbraucht wenig, aber er ist praktisch für die ganze Familie," so die Fiat-Werbung. Mit diesen sympathischen Eigenschaften gewann der Seicento die Herzen von fünf Millionen Käufern. 

Italienischer Volkswagen zum Knauserpreis

Bei seiner Einführung war der Fiat 600 mit Preisen ab 590.000 Lire (knapp 4.000 Mark) sogar noch billiger als das allererste italienische Volksauto, der von 1936 bis 1955 in 515.000 Einheiten gebaute Fiat 500 Topolino. Dieser Knauserpreis zählte zu den wenigen Vorgaben, die Fiat seinem Entwicklungschef Dante Giacosa für den 600 als modernes "auto per tutti" (Auto für alle) ins Lastenheft geschrieben hatte. So wie Alec Issigonis damals für den Morris Minor ein neues, typisch englisches Konzept erfand und der revolutionär-minimalistische, aber raffinierte Citroen 2 CV dem französischen Automobilbau ein Denkmal setzte, so verkörperte der Fiat 600 die italienische Lebensart der 1950er. Hübsch designt, agil und gleichzeitig vernünftig waren Dante Giacosas Konstruktionen.

So erklären sich auch die in zeitgenössischen Testberichten hochgelobten Fahreigenschaften des Fiat 600, der mit guter Raumökonomie aufwartete, während die bis 1964 hinten angeschlagenen „Selbstmördertüren“ für einen bequemen Einstieg sorgten. Sogar gegen den etwas größeren und geringfügig billigeren VW Käfer konnte der Fiat bestehen – deshalb wurde der Italiener hierzulande als NSU/Fiat Jagst montiert. 

Erster "Van": 600 Multipla

In bella Italia riskierte Fiat mit dem 600 Multipla schon 1956 den Schritt zum Van, ein vielseitig einsetzbarer, bis zu sechssitziger Großraumwagen, wie er bei anderen Herstellern erst 30 Jahre später in Mode kam. Während der unkonventionell geformte Multipla bei traditionellen Limousinen- und Kombikäufern oft auf Unverständnis stieß, avancierte er als Taxiversion und Kleintransporter zum Erfolgstyp.

Beliebt war der Fiat 600 aber auch wegen der vielfältigen Designs, in denen er von italienischen Karossiers inszeniert wurde. Sei es als kuriose Coupé-Kreation von Zagato, Viotti oder Pininfarina oder als Limousine mit konvexem Heckfenster. Sogar ein Viertürer ohne B-Säule mit halbhohen Fondportalen fand Fans, nicht zu vergessen die Barchetta-Sportwagen von der Carrozzeria Allemano und die Frua-Zweisitzer.

Während die High Society den Ghia Jolly als schickes Strandauto entdeckte, konnte die Carrozzeria Savio bis Mitte der 1970er Jahre über 3.000 Einheiten ihres „Jungla“ absetzen. Ein besonderes Kapitel Industriegeschichte schrieb der kleine Vierzylinder des Fiat 600, denn das Mini-Kraftwerk arbeitete weiterentwickelt auch in den späteren Kulttypen Panda und Uno. Kein Wunder, dass Fiat dem rundlichen 600 Denkmäler setzte: Zuerst mit dem 1998 eingeführten Kleinstwagen Seicento und heute mit einer elektrifizierten Generation. 


70 Jahre Fiat 600


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