Für Vielfahrer ist die Alternative zum Elektroauto oft noch der Diesel. Immer häufiger kommt der aber auch mit E-Motor daher. ntv.de hat die feinen Langlauf-Kombis BMW 540d xDrive und Mercedes C 300de 4Matic mit unterschiedlichen Hybridkonzepten getestet.

Neulich an der Tankstelle gab es von einem Passanten den Hinweis: "Ihr Tankeinfüllstutzen befindet sich doch auf der anderen Seite!" - richtig beobachtet und doch danebengelegen. Denn der Mercedes C 300de, hier als praktisches T-Modell angetreten, vereint das Beste aus zwei Welten. Er kann genauso Dieselkraftstoff wie Strom aufnehmen.

Das ist bei Mercedes fast einmalig, denn der Bedarf für Diesel-Plug-in-Hybride scheint nicht so groß zu sein. Und doch ist das Wissen darum, dass man elektrisch fahren kann, wenn man bloß will und wenn es passt, irgendwie spannend. Rund 100 Kilometer rein elektrisch fahren zu können, ist schließlich kein Pappenstiel. Und warum soll man das nicht tun, denn in der Stadt ohne lokale Emissionen unterwegs zu sein, hat schließlich auch etwas. Andererseits erlaubt der effektive Vierzylinder mit der Bezeichnung OM654 M locker rund 1000 Kilometer mit einer Tankfüllung, und das ist der Punkt, den Vielfahrer so schätzen.

Auf der anderen Seite wäre da der Businessklässler BMW 540d xDrive. Die Modellbezeichnung klingt schön klassisch, ist sie auch - aber doch nicht ganz. Schließlich wurde das Dieselangebot bei BMW inzwischen ordentlich eingedampft, wenngleich es noch lange nicht verschwunden ist. Aber es ist tatsächlich kein Vier-, sondern bloß ein Dreiliter, der hier unter der wohlgeformten Motorhaube werkelt - wenngleich die Modellbezeichnung "540" etwas anderes suggeriert.

Reihensechszylinder, doppelt aufgeladen, mit einer feinen Laufkultur. Und doch kämpft BMW zusätzlich mit modernen Mitteln, um die Effizienz zu steigern. Demnach ist der kleine Elektromotor, der auf die Kurbelwelle boostet, beim Fünfer-Diesel längst kein Winzling mehr, sondern ein richtig dicker Brocken mit 18 PS und vor allem satten 200 Newtonmetern Drehmoment - heraus kommt eine Systemleistung von 303 PS.

Der BMW fühlt sich klassisch an

Rein elektrisch fahren kann der Bayer aber nicht, und extern aufladen lässt sich der übersichtliche Akku sowieso nicht. Zugegeben, rein antriebsseitig betrachtet kann man Befürworter des elektrischen Strangs verstehen. Der spricht einfach schneller an mit bärigem Moment, während sich der Selbstzünder schon mal eine Gedenksekunde genehmigt, bis die Druckwelle von 650 Newtonmetern beim Fahrer ankommt. Und auch wenn der B57D30 kultiviert läuft, lautlos ist er eben auch nicht.

Und dann wäre ja da immer noch die Achtgang-Wandlerautomatik mit der immanenten Verzögerung, weil mechanische Vorgänge eben ihre Zeit brauchen. Ist das cool? Ja, irgendwie schon. Das nobel-zurückhaltende Dieselsäuseln strahlt Heritage aus - entweder du fühlst es oder eben nicht. Und ganz ehrlich, an dieser kultivierten Einheit gibt es ja nichts auszusetzen. Und der Blick auf die Tankanzeige beruhigt. Mit dem komfortabel abgestimmten 5,06-Meter-Liner macht man selbst dann noch richtig viel Strecke bis zum nächsten Tankstopp, wenn er auf einer nächtlichen freien Autobahn ordentlich läuft jenseits von Richtgeschwindigkeit.

Der Benz mit etwas mickrigerem Hubraum (zwei Liter) ist rein verbrennermotorisch auch kein Kind von Traurigkeit. Er leistet statt 286 zwar bloß 197 Diesel-PS, aber das reicht noch immer, um auf der Autobahn souverän seine Bahnen ziehen zu können. Überland ist dieser Antriebsstrang spannend, wechselt von Schubrekuperation bei stillstehendem Verbrenner prompt zum Antrieb entweder bloß per E-Aggregat (129 PS) oder bei Kickdown-Einsatz zum Vortrieb mit vereinten Kräften.

Und dann wäre da ja auch der ansatzlos integrierte Neungang-Automat, das passt auch betriebsstrategisch. Wenn sich die gesamte Systemleistung (313 PS und 700 Newtonmeter) an den vier Pneus abarbeitet, drückt der Kombi schon dezent ins Kreuz - nach 6,3 Sekunden stehen 100 km/h (232 Sachen Topspeed). Was allerdings erstens langsamer ist als der BMW mit 5,4 Sekunden und nicht ganz so kultiviert klingt. Und die Performance hängt so ein bisschen vom Ladestand der 20-kWh-Batterie ab – allerdings lässt sich diese per CCS-Anschluss innerhalb von 20 Minuten wieder auf 80 Prozent bringen dank 55 kW Ladeleistung.

Der Allrad der C-Klasse ist übrigens genauso physisch mit mechanischem Differenzial wie der des BMW. Der schiebt jedoch vor allem bei hohen Autobahn-Tempi gefühlt etwas beflissener; es ist allerdings auch ein Gewichtsthema. Der nur mild hybridisierte Businessklässler bringt mit 2050 Kilogramm signifikant weniger Masse auf die Waage als der mit 4,75 Metern deutlich kompaktere S206 (2185 Kilogramm), wie Enthusiasten die Baureihe gerne nennen. Die zweite Antriebseinheit unter dem Blech macht sich eben doch irgendwo bemerkbar.

Viel Komfort bieten beide Offerten

Und wie steht es um den Reisekomfort? Hier ist der BMW freilich eine Spur erwachsener, zumal die ausladende Karosse mit rund drei Metern Radstand doch für etwas üppigere Raumverhältnisse vor allem in der zweiten Reihe sorgt. Eine Sardinenbüchse ist der kompaktere Mercedes aber auch nicht gerade. Außerdem besticht er durch feine Stühle mit allerhand technischen Schmankerln auf Wunsch. Eine Massagefunktion wird ebenso geliefert wie gekühlte Kontaktflächen.

Schön ist, wie leichtgängig und dennoch präzise diese C-Klasse fährt. Dass der Mittelschüler auf Stahlfedern gebettet ist, stört derweil kaum. Die Abstimmung fällt komfortabel aus, wozu die Dämpfung ihren Teil beiträgt. Der Pirelli P Zero mit relativ hoher Flanke ist allerdings auch nicht ganz unbeteiligt daran.

Ein festes Fahrgefühl liefert indes auch der große BMW - einen Hauch mehr komfortabel als sportlich bringt er seine Passagiere ermüdungsarm an ferne Ziele. Immer wieder cool anzusehen ist der breite Dekorstreifen in Kristallglasoptik leuchtend in unzähligen Farben von giftgrün bis strahlend rot.

In beiden Fällen etwas belanglos fällt die Displayanmutung aus. An der gebogenen Ausgabe im BMW hat sich der Ästhet mittlerweile ebenso sattgesehen wie am simplen Zentralscreen bei den Schwaben. Hier sind allerdings frische Lösungen in der Mache. Bei der Bedienung hat jedoch der Mercedes die Nase vorn mit einer begrenzten Anzahl Icons und simpler Struktur, während es bei BMW nur so vor Schaltflächen wimmelt. Und während Digital Natives tiefer einsteigen müssen, sind eher analog tickende User einfach nur genervt.

Dafür geizt der bis zu 250 km/h schnelle BMW nicht mit Nutzwert, kann Reisegut im Äquivalent von 1700 Litern einladen. Okay, das wäre bei der Mercedes-Mittelklasse mit zusätzlicher Batterie im Gepäck auch etwas viel verlangt. Aber 360 Liter Kofferraumvolumen in der Grundkonfiguration sind dann doch etwas mau für ein T-Modell.

Dafür ist der Benz knauserig wie eine schwäbische Hausfrau, lässt sich spielend mit unter fünf Litern Kraftstoff je 100 Kilometer bewegen. Beim BMW ist das Problem, dass er eher mal lockt, das Gaspedal niederzudrücken mit seinem feinen Traditionssechszylinder. Aber eine Sechs vor dem Komma klappt selbst bei mittelzügigem Reisetempo, und dann sind ja immer noch rund 1000 Kilometer Reichweite drin.

Auch die C-Klasse ist in der Lage, die 1000 Kilometer zu knacken, zumal sie ja noch zusätzlich elektrische Energie mitführen kann. Und auf diese Weise üben sowohl BMW 540d xDrive als auch Mercedes C 300de 4Matic T-Modell auf Vielfahrer immer noch eine besondere Anziehungskraft aus. Wobei der Untertürkheimer noch eine Sonderstellung einnimmt mit seinem Dieselhybrid.

Die Preise sind in beiden Fällen sportlich, allerdings gibt es eine kleine Überraschung: Denn mit 73.100 Euro ist der größere BMW tatsächlich bis auf wenige Euro exakt gleich teuer wie der ein Segment tiefer eingeordnete Mercedes (73.072 Euro). Wohin die Entscheidung fällt, ist allerdings eher Charakter- und Geschmacksache. Komfortable Reichweitenkönige sind schließlich beide Exemplare.

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