Kfz-Gewerbe: IAA bleibt relevant als strategischer Taktgeber
Die IAA Mobility 2025 steht vor der Tür. Die Messe findet in diesem Jahr vom 9. bis 14. September in München statt. Veranstalter und Ausrichter sehen der Brancheschau mit viel Optimismus entgegen. "Die IAA ist ein Anker seit einhundert Jahren. Ich freue mich darauf, dass unsere Industrie hier ein selbstbewusstes Signal der Stärke und zukunftsorientierten Mentalität sendet", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die Geschäftsführer der Messe München, Stefan Rummel und Reinhard Pfeiffer, rechnen mit einer regionalen Wertschöpfung in dreistelliger Millionenhöhe.
Doch welche Bedeutung haben große Automessen für den Handel? AUTOHAUS sprach mit Michael Briante, ZDK-Geschäftsführer Betriebs-/Volkswirtschaft und Fabrikate, über Chancen und Grenzen der IAA.
AH: Wie wichtig sind Messen wie die IAA (noch) für den Autohandel?
Michael Briante: Seit dem Umzug nach München hat sich die IAA von der klassischen Autoschau zur Mobilitätsplattform gewandelt. Für den Autohandel bedeutet das: weniger Fokus auf direkte Verkaufsimpulse, dafür mehr strategische Orientierung. Themen wie Elektromobilität, Digitalisierung und neue Mobilitätsformen stehen im Mittelpunkt. Händler erhalten wertvolle Einblicke in zukünftige Entwicklungen und können von der Vielfalt der Aussteller profitieren. Zwar ersetzt die Messe keine Verkaufsaktivitäten vor Ort oder digital, doch sie bietet wichtige Impulse für jene, die ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig aufstellen wollen. Die IAA bleibt relevant – nicht als Verkaufsmesse, sondern als strategischer Taktgeber.
AH: Welche Impulse können Autohändler von der IAA mitnehmen?
M. Briante: Für das aktuelle, operative Tagesgeschäft im Autohaus bringt die IAA nur begrenzten Nutzen. Dennoch lohnt sich der Blick über den Tellerrand: Die Messe liefert wichtige strategische Impulse für Händler, die sich zukunftsorientiert aufstellen wollen – etwa im Bereich Mobilitätsservices oder KI-Lösungen in den verschiedenen Bereichen des Autohauses. Auch Nachhaltigkeit und urbane Mobilitätskonzepte gewinnen weiter an Bedeutung.
AH: Welche Themen wünschen Sie sich auf der Messe?
M. Briante: Wir als ZDK wünschen uns, dass die IAA Mobility vor allem genutzt wird, um die Chancen und Möglichkeiten der Elektromobilität einem breiten Publikum konstruktiv und praxisnah zu vermitteln. Im Mittelpunkt sollten Themen stehen, die für Verbraucher wirklich relevant sind: der Zugang zu bezahlbaren E-Fahrzeugen, eine flächendeckende und nutzerfreundliche Ladeinfrastruktur sowie transparente und faire Ladekosten. Wichtig ist aus unserer Sicht auch, das Thema Technologieoffenheit stärker in den öffentlichen Diskurs einzubinden. Neben der batterieelektrischen Mobilität können synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff in bestimmten Segmenten wertvolle Beiträge zur CO₂-Reduktion leisten. Die Messe sollte Mut machen, den Wandel aktiv mitzugestalten – mit innovativen Fahrzeugen, nachhaltigen Mobilitätslösungen und einem klaren Bekenntnis zu bezahlbarer, alltagstauglicher Mobilität. Was wir nicht brauchen, ist eine ideologisch geführte Debatte. Vielmehr wünschen wir uns einen offenen Dialog, der Lust auf die Mobilität der Zukunft macht – ohne Angst, aber mit realistischen Perspektiven.
AH: Ist das Deutsche Kfz-Gewerbe auf der Messe präsent?
M. Briante: Der ZDK ist nicht mit einem Stand präsent, wir werden aber eine Podiumsdiskussion leiten zum Themenfeld "Warum sollte sich ein Autohaus mit einem chinesischen Fabrikat beschäftigen?"
AH: Thema E-Mobilität: Welche Impulse müssen dazu von der IAA ausgehen?
M. Briante: Die IAA muss klare Impulse für die E-Mobilität liefern, indem sie nicht nur neue Elektrofahrzeuge präsentiert, sondern vor allem kurz- bis mittelfristige Lösungen für aktuelle Herausforderungen der Elektromobilität aufzeigt. Neben innovativen Modellen müssen auch die Rahmenbedingungen – etwa flächendeckende Ladeinfrastruktur, Reichweiten- und Kostenfragen – adressiert werden, denn das Fahrzeug ist nur die eine Seite, die übrigen Rahmenbedingungen aber mindestens genauso relevant für den Käufer.
AH: Wie steht es um die Informationsqualität: Benötigen Autokäufer bessere Argumente bzw. eine bessere Beratung zum Thema Elektromobilität von Herstellern und Händlern? Können Messen helfen, Berührungsängste bei den Autofahrern abzubauen?
M. Briante: Wir als ZDK sehen nach wie vor einen hohen Informationsbedarf bei vielen Autokäufern, wenn es um Elektromobilität geht. Zahlreiche Vorurteile – etwa zur tatsächlichen Reichweite, zur Ladeinfrastruktur oder zu Haltbarkeit der Batterie – sind immer noch weit verbreitet, obwohl sie durch die heutigen praktischen Erfahrungen längst widerlegt werden können. Um diese Vorbehalte abzubauen, braucht es verständliche, realitätsnahe Informationen und eine positive, sachliche Berichterstattung. Ein Beispiel dafür ist die Social-Media-Kampagne "Elektrisch ist einfach" des ZDK, in der in kurzen Videoclips mit gängigen Vorurteilen aufgeräumt wird – authentisch und fundiert durch Stimmen aus der Praxis und von Experten. Auch Messen wie die IAA bieten eine wertvolle Gelegenheit, Hemmschwellen abzubauen, indem sie E-Mobilität direkt erlebbar machen. Ergänzend leisten Probefahrten, insbesondere über einen längeren Zeitraum, einen wichtigen Beitrag, um E-Mobilität im Alltag kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen.
AH: Die IAA setzt mittlerweile Schwerpunkte auf Automatisiertes Fahren und Mobilitätsthemen. Wie relevant ist das für den Autohandel?
M. Briante: Im Autohandel steigt auch die Relevanz für diese Schwerpunkte: Der klassische Fahrzeugvertrieb befindet sich im Wandel – Händler sind längst nicht mehr nur Verkäufer von Autos, sondern zunehmend auch Berater für Elektromobilität inklusive Infrastruktur und weiteren Mobilitätslösungen. Automatisierte Fahrfunktionen verändern nicht nur die Fahrzeugnutzung, sondern auch die Anforderungen an Verkauf, Service und Kundenkommunikation. Der Verkauf und der Service von Autos bleibt zentraler Bestandteil im Autohandel, wird aber anspruchsvoller, vielseitiger und technologiegetriebener.
AH: Ein Fokus liegt konkret auf „Cycling & Micromobility“: Welche Bedeutung hat der Bike-/E-Bike-Vertrieb in der Praxis tatsächlich für den Autohandel?
M. Briante: Hier muss jeder Händler seine unternehmerische Entscheidung treffen, ob "Cycling & Micromobility" zum jetzigen Zeitpunkt in sein individuelles Angebotsportfolio passt und seine Wertschöpfungskette sinnvoll unterstützen kann.
AH: Herr Briante, vielen Dank für das Gespräch!
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